Neuerburger Klinik wird in Gesundheitszentrum umgewandelt - Höchstens 30 Angestellte bleiben

Neuerburg · Das Neuerburger St.-Josef-Krankenhaus, um das die Einheimischen so hart gekämpft haben, wird in ein Gesundheitszentrum umgewandelt. Von 120 Mitarbeitern werden voraussichtlich nur 30 am Standort bleiben können. Der stationäre Bereich soll zum 1. Oktober schließen.

Neuerburg. Endlich. Nach langer Nachfrage. Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Alexander Schweitzer wird der Neuerburger Klinik am kommenden Montag einen Besuch abstatten. Ob Stadtbürgermeisterin Anna Kling und ihre Mitstreiter bei diesem Besuch das Ruder noch herumreißen können, ist mehr als fraglich. Erst am Mittwoch teilte der Träger des Hauses, die Marienhaus Kliniken mit, dass "das Konzept für die medizinische Versorgung im Raum Neuerburg steht". Die Steuerungsgruppe unter Leitung des Kölner Instituts FOGS, die seit der Nachricht über die für Ende Juni geplante Schließung der Klinik nach einer Zukunftslösung suchte (der TV berichtete mehrfach), habe sich geeinigt. 24 000 Euro hat die Konzeptarbeit gekostet. Davon zahlt der Träger 14 000, das Land übernimmt 10 000 Euro, heißt es von der Kreisverwaltung.
"Das Konzept sieht vor, dass im Gebäude des St.-Josef-Krankenhauses das Gesundheitszentrum Neuerburg, so der Arbeitstitel, entsteht", sagt der Träger. In den Reihen der Verantwortlichen sind die Meinungen geteilt. Während der Landrat des Eifelkreises, Joachim Streit, die konstruktive Zusammenarbeit lobt: "Alle haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Lösungen gesucht, was in dieser Form keineswegs selbstverständlich ist", kritisiert die Neuerburger Stadtbürgermeisterin Anna Kling: "Es ist nicht politischer Wille, das Krankenhaus aufrechtzuerhalten." Das geplante Konzept sei ein kleiner Anfang und es stehe auch noch nicht wirklich. "Ich lasse mir das Ganze nicht rosa-rot reden", sagt die ehrenamtliche Stadtchefin. Der Betriebsratsvorsitzende der Klinik, Horst Emonts, ist froh, dass das Haus nicht komplett geschlossen wird. Aber für die Mitarbeiter sei es dramatisch. "Höchstens 30 Angestellte bleiben voraussichtlich im Haus."
In dem Gesundheitszentrum soll der bisherige Chirurg der Klinik, Dr. Ingvo Müller, mit einer chirurgischen Facharztpraxis vertreten sein. Die Vertragsverhandlungen seien auf einem guten Weg, sagt Müller, der weiter sein ganzes Behandlungsspektrum anbieten will. Zwei in Neuerburg angesiedelte allgemeinärztliche Praxen ziehen möglicherweise in das Krankenhaus um. Dazu will der Träger Fachärzte gewinnen, die regelmäßig Sprechstunden im Haus anbieten. Laut Kreisverwaltung können das unter anderem ein Kinder- und Frauenarzt, Kardiologe und Neurologe sein. Für die Ärzte werden sechs Übernachtungsbetten bereitgestellt, wo Patienten nach ambulanten Operationen über Nacht betreut werden können. Im Haus sesshaft werden sollen auch ein Physio- und ein Ergotherapeut. Der ortsansässige orthopädische Schuhmacher und ein Sanitätshaus könnten ebenfalls im Gesundheitszentrum Platz finden. Die Pflegeeinrichtung Phase F für intensiv pflegebedürftige Menschen, zum Beispiel im Wachkoma, bleibt im Haus erhalten.
Allerdings wird die Weaningstation für Patienten, die wieder an das selbstständige Atmen gewöhnt werden, geschlossen und nicht - wie ursprünglich angedacht - nach Bitburg verlegt. Der stationäre Bereich soll zum 1. Oktober wegfallen.
Der Fahrplan bis dahin: "Der Träger kümmert sich um die Mitarbeiterrekrutierung, stellt ein Raumnutzungskonzept auf und erarbeitet einen Finanzierungsplan", so der Kreis. Müller: "Säße der Träger nicht mit im Boot, wäre meine Praxis nicht mehr existent." Und was sagt er dem Gesundheitsminister? "Der kommt schlicht und ergreifend drei Monate zu spät."Meinung

Keine Eifel-Charité nötig!
Der Optimist denkt, besser als nichts. Der Pessimist sieht das Aus eines kleinen, aber feinen Krankenhausstandorts. Fakt ist, die Klinik hat keine großen Gewinne eingefahren, ganz im Gegenteil. Doch die wirtschaftlichen Zahlen scheinen auch nicht so übel gewesen zu sein, wie der Träger bekanntgab. Würde man jedes Krankenhaus schließen, das rote Zahlen schreibt, gäbe es viele weiße Flecken auf der Landkarte. Die Gesundheit des Menschen nur an knallharten Zahlen zu messen, ist gefährlich, ist menschenunwürdig. Die Landbewohner brauchen keine luxuriöse Eifel-Charité, sondern ein bescheidenes Landkrankenhaus, in dem der Mensch und nicht das Geld im Vordergrund steht. m.radics@volksfreund.de

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