Neujährchen vom Pääter

BITBURG-PRÜM/DAUN. Der letzte Tag des Jahres hat seinen Namen zwar von Papst Silvester I. (314 bis 335), doch das Silvester-Brauchtum ist heidnischen Ursprungs.

Ausgehend von dem germanischen Volksglauben, dass in den Nächten der Wintersonnenwende die jenseitigen Mächte besonders lebendig sind, dass Wotan mit seinem wilden Heer mit Sturmesheulen und brausendem Lärm durch die Wälder und Lüfte saust und das Böse nur durch Peitschenknall und großen Lärm abzuhalten sei, entstand das Neujahrsanschießen. Der Prümer Abt Regino berichtete um 900 von einem Kalenderbrauch mit Maskentreiben. Dabei spielten als Hirsch oder alte Frau ausstaffierte Männer die Hauptrolle. Die Neujahrsnacht wurde durchgefeiert. 1310 verbot das Trierer Provinzialkonzil, die "Kalenden" des Januar festlich zu begehen. Bei diesen Feiern wurden in den Häusern die Tische mit Flaschen und Lampen ausstaffiert und auf den Straßen gesungen und getanzt. Das Schießen mit Böllern und Gewehren kam bald nach der Verbreitung des Schwarzpulvers auf. Verbote der kurtrierischen Regierung richteten sich im 18. Jahrhundert wegen der leicht entzündlichen Strohdächer gegen das Neujahrsschießen. Am 13. Mai 1712 hieß es dazu: "Nachdem der Regierung vorgebracht worden war, dass auf dem Land in Flecken und Dörfern der Missbrauch geschehen seie, dass zum Neuen Jahr unnötig aus Flinten und anderem Gewehr geschossen würde, durch der Schiessenden Unachtsamkeit aber gar leicht, wie dann auch kurzhin in der Tat geschehen, höchst schädlicher Brand entstehen könnte ( ) also wird dergleich Schießen bei zwei Goldgulden Straf ernstlich verboten." Das Böllerschießen war von diesem Verbot nicht betroffen. Bis in die 1920er Jahre besaßen die größeren Dörfer der Westeifel mehrere Böller, auch "Katzeköpp" genannt, die einen gewaltigen Krach verursachten. Silvesterschmaus und Glockengeläut

In Wilsecker schrieb 1887 der Volksschullehrer: "In der Neujahrsnacht versammelten sich die unverheirateten Jungmänner, um ihren Mädchen das Neujahr anzuschießen und ihnen Glück zu wünschen." In den schweren Jahren der beiden Weltkriege konnte von fröhlichem Feiern nicht die Rede sein. In Bernkastel verlief die Silvesternacht 1918 ausgesprochen ruhig. "Die Feiern trugen nur familiären Charakter", berichtete die Bernkasteler Zeitung. "In den Wirtschaften war es auch still." In Wittlich wurde Mitte des 20. Jahrhunderts in der Neujahrsnacht das Tedeum vom Kirchturm herab geblasen. Zu dieser Zeit war es in vielen Orten üblich, dass im Jahresabschlussgottesdienst statistische Angaben über Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle des abgelaufenen Jahres verkündet wurden. Danach trafen sich die Männer zum Kartenspielen um den vom Wirt gestifteten Neujahrsweck, während die Frauen in der heimischen Wohnstube den Silvesterabend verbrachten. Ursprünglich war die romanische Sitte des Beschenkens in der Region am Neujahrstag üblich. Der Ausdruck "Neijährchen" stammt aus den Zeiten, an denen an das Dienstpersonal Neujahrspräsente verteilt wurden. So erhielten die Diener der Trierer Domkanoniker im 14. Jahrhundert Neujahrsgeschenke. Die Trierer Stadtbediensteten konnten sich 1455 über ein Geldgeschenk "zu yrem nuwen jare" freuen. Die Mägde des Himmeroder Hofes Fails bei Wittlich wurden 1589/90 ebenfalls mit Geld beschenkt. Im Wallfahrtsort Klausen war es 1787 das "Hausgesind", das ein Trinkgeld erhielt. Eine bis etwa 1960 weit verbreitete Art der Geschenksitte bestand darin, dass die Kinder zu ihrem Paten gingen, um ihm "eh joot Neujohr" zu wünschen und sich ihr "Noijährche" abzuholen. Dies war ein wohlschmeckender, mit feinen Zutaten bereiteter Gebäckkranz aus süßem Weißbrotteig. Obendrauf steckten Pate oder Patin ein Geldstück. Heute feiern viele Familien im häuslichen Bereich, besuchen eine Silvesterparty oder gehen in die Kneipe. Um Mitternacht wird das Neue Jahr mit Leuchtraketen, Knallfröschen und Krachern und dem obligatorischen Glas Sekt begrüßt.

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