"Nicht mehr alle Tassen im Schrank"

Vor dem Amtsgericht Bitburg hat sich ein 27-Jähriger verantworten müssen, der in Bitburg im betrunkenen Zustand einen Bekannten mit dem Messer bedroht und dabei zehn Euro erbeutet hatte — ohne Motiv und ohne Vorsatz.

Bitburg. Wie es dazu kam, können sich scheinbar weder das Opfer noch der Täter erklären. "Er erschien mir in diesem Moment, als habe er nicht mehr alle Tassen im Schrank", sagt der 30-jährige Mann aus Bitburg, der am frühen Morgen des 23. Novembers dieses Jahres Opfer einer Straftat wurde. Der Täter, ein 27-jähriger Austausch-Student aus Finnland, hatte gemeinsam mit dem 30-Jährigen zuvor einige Stunden in einer Bitburger Kneipe getrunken.

Gegen sechs Uhr morgens verließen beide die Lokalität, und da der Finne, der zu diesem Zeitpunkt mindestens 2,6 Promille im Blut hatte, weder den Weg zum Hotel noch den Namen desselbigen wusste, half ihm der 30-Jährige bei der Suche. "Bis jetzt war alles lustig, und wir haben auf dem Heimweg auch noch geredet", sagt der Mann aus Bitburg, "doch dann fing er an zu spinnen."

Völlig grundlos habe der 27-Jährige auf einmal sein Taschenmesser gezogen, sagt das Opfer, "und mich hundert Mal gefragt, warum ich ihm helfe". Und irgendwann wollte er dann noch das Geld des 30-Jährigen haben, worauf dieser ihm sein restliches Geld, einen Zehn-Euro-Schein, schließlich auch gab. Und das, obwohl der Täter weitaus mehr Geld bei sich hatte als das Opfer.

"Das Ganze tut mir sehr leid, und so verhalte ich mich normalerweise auch nicht", übersetzt die bei Verhandlung anwesende Dolmetscherin die Entschuldigung des Finnen. Er könne sich an die Tat selbst kaum noch erinnern, sagt der Angeklagte, und zudem auch nicht erklären, warum er das überhaupt getan habe.

"Auf einmal muss ihn der Teufel geritten haben", sagt der Anwalt des Täters, der wie sein Mandant die Zeugenaussage des Opfers nicht in Frage stellt und sich deshalb dem Antrag der Staatsanwaltschaft weitestgehend anschließt.

Ähnlich sieht das auch der Richter: Weil der Täter stark betrunken war und während der Verhandlung die Tat einräumt und auch bereut, verhängt der Vorsitzende des Gerichts im Fall der "schweren räuberischen Erpressung im minderschweren Fall" ein Jahr auf Bewährung und hebt zudem den Haftbefehl auf. Damit kann der Verurteilte, der seit dem 24. November in Untersuchungshaft sitzt, noch am Tag der Verhandlung das machen, was er eigentlich bereits am 28. November vorhatte: zurück nach Finnland fliegen.

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