Noch immer auf der Höhe

PRÜM. Glückwünsche für die älteste Prümer Bürgerin: Anna Lorse wird heute 100 Jahre alt. Den runden Geburtstag nimmt sie mit völliger Gelassenheit.

"Schreift mer bluß net ze vill!", mahnt Anna Lorse beim Foto-Termin in der Pfannstraße. Und gelobt werden wolle sie auch nicht zu sehr, verfügt die freundliche Dame beim TV-Besuch. Obwohl: Leicht wird das nicht, denn dafür ist die Lebensleistung des Geburtstagskinds einfach zu groß. Bereits seit 75 Jahren zum Beispiel besteht das Uhren- und Schmuckgeschäft, das Anna 1930 zusammen mit Ehemann Karl gründete. 1925 haben die beiden geheiratet. Ihre erste Uhrenwerkstatt betrieben sie in Bleialf. Dann zogen sie weiter nach Prüm, zunächst in den Fuhrweg, anschließend in die Pfannstraße. Drei Kinder bekamen die beiden, Sohn Christoph verstarb bereits 1939. Karl Lorse kehrte erst 1948 aus russischer Gefangenschaft in die Eifel zurück. Auch er starb viel zu früh im Jahr 1964.Der Laden läuft, seit 75 Jahren

Anna Lorse gab aber nicht auf. Der Laden musste weiter laufen: "Man hat so armselig angefangen nach dem Krieg", erzählt sie. "Dadurch ist das einem in Fleisch und Blut übergegangen." Und deshalb hat sie das Uhren- und Schmuckgeschäft "immer noch im Kopf". Gut zu wissen, dass alles weitergeht - denn mittlerweile führen ihre Tochter Katharina Schoden, Schwiegertochter Gundel Lorse (verheiratet mit Sohn Michel) und deren Tochter Elisabeth Link die Geschäfte. Anna Lorse: "Ich freu' mich, dass sie das so gut weitermachen." Sie selbst hat sich zurückgezogen, verbringt die meiste Zeit eine Etage darüber: "Seit ungefähr acht Jahren sitze ich hier", sagt sie. Damals hatte sie einen Schlaganfall, seitdem ist sie nicht mehr gut zu Fuß - aber das heißt nicht, dass sie in irgendeiner Weise "abgeschaltet" hätte. Von wegen: "Mit mengem Verstand sinn ich noch zefridde." Und sie bleibt am Leben dran: Jeden Morgen, erzählt Tochter Katharina, höre Mutter Anna im Radio die Nachrichten und berichte den Kindern dann, was los sei in der Welt. "Und mittags", ergänzt das Geburtstagskind. "Die hör' ich immer." Für alles interessiere sie sich, außer für Politik. Kann man irgendwie verstehen. Genau so, wie den Spitznamen, den ihr das Pflegepersonal im Prümer Krankenhaus gegeben hat: "Wenn wir sie zur Kurzzeitpflege dorthin bringen", erzählt Katharina Schoden, "dann sagen alle: Da kommt Queen Mum! Den Namen hat sie schon seit Jahr und Tag. Dann weiß jeder, dass Frau Lorse kommt." Heute wird es umgekehrt sein. Da kommen, neben Kindern, drei Enkeln und fünf Urenkeln, vermutlich alle zu Anna Lorse, um sich als Gratulanten anzustellen. Was hat sie geplant für ihren Geburtstag? "Neeißt", sagt Anna Lorse, und dann lächelt sie.

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