Notfalls Verfassungsklage

Das rheinland-pfälzische Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV steht weiter in der Schusslinie von Städten und Gemeinden im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Wegen des Kooperationsgebots für die Städte Bitburg und Neuerburg droht Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit (FWG) nun sogar mit einer Verfassungsklage.

Bitburg/Neuerburg. Das im Landesentwicklungsprogramm vorgeschlagene Kooperationsgebot der Städte Neuerburg und Bitburg stößt bei den Betroffenen auf heftigen Widerstand. Nach den Worten von Neuerburgs Stadtbürgermeister Willi Hermes (CDU) stehe man an der Enz den vielfältigen im LEP IV angedachten Kooperationsplänen für die Kommunen positiv gegenüber, "aber nur so weit sie die Gestaltungskraft und Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinden nicht einengen". Was die im LEP IV verankerte Idee angehe, könne man aus Sicht der Stadt Neuerburg schlicht nicht zustimmen. Hermes: "Wir können das Kooperationsgebot, mit dem das Mittelzentrum dazu verpflichtet wird, sich Aufgaben der Grundversorgung vertraglich zu teilen, nicht akzeptieren." Deshalb lehne man in Neuerburg diese "Zwangskooperation" zwischen den beiden Städten generell ab. Auch Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit lässt kein gutes Haar an den Vorstellungen der Landesentwickler. Er sieht voraus, dass man Neuerburg über kurz oder lang den Anspruch auf ein Mittelzentrum abspreche. Eine vertragliche Kooperation würde beide Städte in der jeweiligen Entfaltung hemmen, weil alle Vorhaben in der Entwicklung (Wohnen und Versorgung) und Daseinsvorsorge (zum Beispiel Krankenhäuser) abgestimmt werden müssten. Grundsätzlich seien Kooperationen positiv zu bewerten, betont Joachim Streit, gleichwohl nicht in dieser vertraglich starren Form. Deshalb werde er dem Stadtrat Bitburg vorschlagen, Verfassungsbeschwerde einzureichen. Schließlich handele es sich hier um einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Streit: "Wir machen jetzt Widerstand. Ich gehe davon aus, dass es dann nicht so kommt."Gemeinsame Erklärung wird vorbereitet

Die Städte Neuerburg und Bitburg werden demnächst eine gemeinsame Erklärung herausgeben. Inhaltlich wird es darin unter anderem um die Entfernung (25 Kilometer) gehen, außerdem im Grundsatz um die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen. Joachim Streit fordert derweil bereits jetzt eine Bestandssicherheit für Gemeinden mit schlechter Erreichbarkeit. Besonders alarmiert sei man in Neuerburg, wie Stadtbürgermeister Hermes betont. Das Schulzentrum beispielsweise sei seinerzeit eigens dazu geschaffen worden, für die weit gestreute und dünne Besiedlung einen voll ausgebauten Standort in zumutbarer Entfernung vorzuhalten. Gleiches gelte für das Krankenhaus, das mit seiner Notfallversorgung für die Schulen und die weiten Räume bis zur Grenze mit schwieriger Topografie und ungünstigen Verkehrsanbindungen "lebensnotwendig und unverzichtbar" sei. Sowohl Joachim Streit als auch Willi Hermes verweisen unterdessen darauf, dass auch die Städte Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach dem angedachten Kooperationsgebot eine Abfuhr erteilt haben. Meinung Transparenz tut Not Die Diskussion um das Landesentwicklungsprogramm nimmt inzwischen regelrecht groteske Züge an. Während die Kommunen aus gutem Grund die Stimme erheben, weil sie keine Lust haben, sich in ihrer Eigenentwicklung hemmen und per grünem Tisch etwas überstülpen zu lassen, droht die Debatte unsachlich zu werden. Das kann nicht ernsthaft in der Absicht der Landesentwickler liegen. Deshalb ist es allerhöchste Zeit, dass sich einmal jemand vor Ort blicken lässt und den Menschen an der Basis erklärt, was überhaupt Sache ist. Ein gutes Stück Transparenz wäre jedenfalls angebracht, bevor die Diskussion auf dem Land endgültig eskaliert. m.reuter@volksfreund.de

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