Nur Fliegen ist schöner…

BITBURG. Weil Landrat Roger Graef (CDU) die fliegerische Nutzung für den Flugplatz Bitburg 1995 nicht aufs Spiel setzten wollte, legte er sich mit dem damaligen rheinland-pfälzischen Sozialminister Florian Gerster (SPD) an. Der nämlich wollte das Europäische Berufsbildungswerk (EuroBBW) auf dem Ex-Airport ansiedeln, was das sichere Ende der Bitburger Flieger-Träume bedeutet hätte.

Februar 1995: Die Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft Flugplatz Bitburg (EBFB) präsentiert im Mainzer Wirtschaftsministerium ihr Nutzungskonzept. Die Idee: Bitburg könnte in mehreren Stufen, orientiert am Bedarf, zu einem regionalen Verkehrsflughafen für Fracht- und Passagierverkehr ausgebaut werden. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte zu, das Konzept in einer Expertenrunde prüfen zu lassen.Unvereinbar: EuroBBW und Flugbetrieb

Gegenwind bekamen die Aktivisten der EBFB allerdings schon kurze Zeit später aus dem rheinland-pfälzischen Sozialministerium. Staatsminister Gerster kündigte an, auf der früheren Air Base ein Europäisches Berufsbildungszentrum zu etablieren, eine Einrichtung, die rund 130 Arbeitsplätze versprach. Das Problem: Der Minister ließ keinen Zweifel daran, dass sich das EuroBBW mit einem Flugbetrieb nicht vereinbaren lasse. Das wiederum brachte die Befürworter der fliegerischen Nutzung vor Ort auf die Palme. "Wir sollten unsere Ambitionen schlicht aufgeben", ereifert sich noch heute Landrat Roger Graef und legt nach: "Das Land wollte uns einfangen." Also ging der Kreis-Chef aufs Ganze und nahm den Kampf auf. In einem denkwürdigen Telefonat stellte ihn Minister Florian Gerster allerdings knallhart vor die Wahl: "Lieber den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach?", habe er ihn gefragt, berichtet Roger Graef zwölf Jahre später. Und natürlich weiß er auch noch ganz genau die Antwort: "Die Taube auf dem Dach", sagt Graef und ergänzt in der Replik: "Das war mutig." Da sich die Bitburger Kommunalpolitiker das EuroBBW trotzdem nicht durch die Lappen gehen lassen wollten, fuhren sie alsbald schweres Geschütz auf. Norbert Blüm, seinerzeit Arbeits- und Sozialminister in der Regierung Kohl, "wurde gebeten, die Position des Landes nicht zu vertreten", erinnert sich Roger Graef. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile habe Blüm schließlich signalisiert, dass er sich auf die Seite der Bitburger stelle und dem sozialdemokratischen Minister in Mainz mitgeteilt, dass der Bund die Ansiedlung in Bitburg, wenngleich außerhalb des Flugplatzes, fördere. "Eine absolute Schlüsselszene", findet Roger Graef noch heute. Genehmigung steht noch aus

Das Europäische Berufsbildungswerk an der Henry-Dunant-Straße ist inzwischen längst eine angesehene Reha-Einrichtung für Behinderte aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden. Es bietet den jungen Menschen eine berufliche Erstausbildung in zukunftsorientierten Berufen. Das Angebot umfasst die Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen, in Ausbildungsgängen nach besonderen Ausbildungsregelungen für Personen mit Behinderung und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Träger ist der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz. Wirklich geflogen wird auf dem Bitburger Flugplatz derweil immer noch nicht. Obwohl der Boden bereitet ist, warten die Befürworter nach wie vor auf die große (und nicht unumstrittene) Genehmigung, während die Zeit allerdings weiter wie im Fluge vergeht . . .

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