Ochse gegen zwei Zentner Kaffee

PRÜM. Es sind Bilder, die nie vergessen werden sollten: Brennende Häuser und Straßenzüge in Schutt und Asche, Angst und Elend in den Familien. Der Geschichtsverein "Prümer Land" ließ die Erinnerungen aus dem Zweiten Weltkrieg durch Erzählungen von Zeitzeugen aufleben.

Am Sonntag jährte sich die deutsche Kapitulation im Zweiten Weltkrieg zum 60. Mal. Der Geschichtsverein "Prümer Land" ließ einige Zeitzeugen bei einer Veranstaltung im gut gefüllten Ratssaal der Verbandsgemeinde Prüm zu Wort kommen. Johannes Nosbüsch aus Niederraden bei Bitburg erinnerte sich unter anderem an die Zeit, als die Amerikaner im September 1944 das Gebiet westlich des Westwalls einnahmen. "Zunächst war das Verhältnis der Besatzer zu der Eifel-Bevölkerung zumindest human", berichtete Nosbüsch. "Es gab nur zwei Auflagen: Es durfte bei Dunkelheit keiner auf die Straße, und man durfte die Pfarrei nur mit Genehmigung verlassen." Nach der Ardennen-Offensive Hitlers und der Wiederkehr der Amerikaner im Februar 1945 habe sich die Stimmung jedoch geändert. "Die GI's demolierten und plünderten. Zudem brach die Maul- und Klauenseuche aus, und eine Darm-Krankheit ging herum", beschrieb Nosbüsch die Veränderung in seiner Heimat. Mitte Februar 1945 war es dann soweit. "Die Amerikaner bildeten den so genannten ‚Frontbogen von Vianden'", sagte Nosbüsch. "Am 25. Februar trafen sie sich bei Mauel und hatten dadurch ein großes Loch in den Westwall gerissen." Die Stunde Null, die Niederlage, aber gleichzeitig auch die Wende wurde für die Eifel am 7. März 1945 eingeläutet. Nosbüsch: "Dann war alles vorbei." Wie die Bewohner der Pfarrei Rescheid die Zeit des Zweiten Weltkriegs erlebten, demonstrierte anschließend der Filmemacher Dietrich Schubert in aufgezeichneten Interviews. Einige erinnerten sich beispielsweise an die Schmuggeleien an der belgischen Grenze in den Nachkriegsjahren. "Wir haben mal in einer Nacht- und Nebelaktion einen Ochsen rübergebracht und kamen mit zwei Zentnern Kaffee wieder zurück", schilderte ein Rescheider. "Das Warten auf Nachrichten war schlimm"

Auch Werner Richarz aus Leidenborn denkt an diesem Abend an die Zeit im September 1944 zurück, als er mit etlichen anderen Dorfbewohnern Tage und Wochen in einem kleinen Keller verbracht hatte, um sich vor feindlichen Angriffen zu schützen. Später flüchtete er mit seiner Familie nach Wawern. "Das Warten als Flüchtling auf Nachrichten aus der Heimat war schlimm", beschrieb Richarz die damalige Situation. "Die Kampflinie stand ja unmittelbar vor Leidenborn." Aus Sorge um sein Dorf trat er zweimal abenteuerliche Ausflüge dorthin an. An den Evakuierungsaktionen war damals auch der Prümer Kaspar Thürwächter beteiligt: "Zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Josef Nahrings haben wir im überfüllten Wagen etliche Bürger zum nächsten Zuganschluss nach Büdesheim oder Gerolstein gefahren." Seine eigene Flucht führte ihn sogar bis Kirchen an der Sieg, wo er sich jedoch nicht lange aufhielt. Die Bombardierung Prüms am 23. Dezember 1944 erlebte er von der Büdesheimer Held aus. "Es war etwa 15 Uhr, als die Bomben auf Prüm niedergingen", erzählt er. "Die Stadt brannte lichterloh."

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