Ohrfeigen für Euweco

WEINSHEIM. Das Mainzer Sozialministerium will die Euweco gGmbH (Europäische Werkstätten-Coopertion für psychisch Behinderte) nicht erweitern, sondern fordert einen Integrationsbetrieb. Das Fass der Querelen, das die Euweco-Geschäftsführung aufgemacht hat, läuft über.

Die dreiseitige Presseerklärung des Sozialministeriums hat es in sich. Der TV hatte um Antworten zu den Vorwürfen der Euweco (zwei Jahre lange Untätigkeit bei Anträgen auf Platzerweiterung und Aufbau einer zweiten Werkstatt) gebeten. Ministeriums-Pressesprecherin Beate Fasbender-Döring erklärt ausdrücklich, dass das Land das bereits gut ausgebaute Werkstattnetz für Behinderte nicht erweitern möchte, sondern künftig verstärkt Integrationsbetriebe fördern will. Sie schreibt: "Leider haben Euweco und Westeifel-Werke (WEW) als Träger sich bisher als wenig innovativ erwiesen und sind nicht bereit, neue Wege der Beschäftigung behinderter Menschen mitzugehen." Unisono wehrt sich die Euweco-Führung gegen diese Ohrfeige: "Wir sind entrüstet. Wir sind immer innovativ gewesen und haben mehrere unterschiedliche Beschäftigungsangebote geschaffen". Nicht umsonst sei WEW-Chef Erwin Görgen vom Mainzer Wirtschaftsministerium für den "Oskar des Mittelstands" nominiert worden. Die Euweco hatte im März 2003 eine ausführliche Expertise nach Mainz geschickt, mit dem Fazit, dass der Aufbau eines Integrationsbetriebs in der Eifelregion nicht möglich ist. Görgen erklärt: "So ein Betrieb ist als Profitunternehmen ausgelegt und wird nur über eine dreijährige Anschubfinanzierung vom Land mitgetragen. Dann müssen die behinderten Arbeitnehmer übernommen werden und der Betrieb muss sich alleine rechnen." Würden dann rote Zahlen geschrieben, müssten die WEW als Gesellschafter die Miesen ausgleichen. "Dann bekommen wir aber vom Finanzamt unsere Gemeinnützigkeit aberkannt und das hätte für die 500 Behinderten, die in den WEW arbeiten, fatale Folgen. Dieses Risiko können wir nicht eingehen", sagt Görgen."Expertise fachlich nicht haltbar"

Görgen wirft dem Sozialministerium Erpressung vor. Die Mainzer kontern: "Die Expertise ist fachlich nicht haltbar. Wenn andere Träger es erfolgreich umsetzen, müssen es auch Euweco und WEW schaffen können". Doch damit nicht genug. Die Presseerklärung hat noch eine Ohrfeige für die Euweco parat: "Pocht man hier nur auf die eigenen, überholten Vorstellungen, ohne machbare Alternativen umzusetzen, so fällt der Vorwurf der Untätigkeit an den Träger zurück." Außerdem beruft sich das Ministerium auf den Dauner Landrat Heinz Onnertz: In Übereinstimmung mit ihm erschienen dem Ministerium immer mehr Werkstattplätze für die Region als nicht zielführend, heißt es. Onnertz reagiert perplex: "Ich weiß nicht, wie die dazu kommen. Gemeinsam mit meinem Bitburger Kollegen Roger Graef habe ich ernsthaft um mehr Plätze gebeten. Dafür haben wir beide unterschrieben." Ob das transnationale Euweco-Konzept vom Tisch ist, will Fasbender-Döring nicht klar sagen. Sie beruft sich auf "andere Versorgungssysteme in Ostbelgien, die mit den Behindertenwerkstätten grenzüberschreitend nicht kooperieren können. In Form eines Integrationsbetriebs wäre es sicherlich möglich". Görgen bilanziert: "Bei einem klaren ,Nein‘ zur transnationalen Zusammenarbeit müssen wir die Gesellschaft auflösen." Dabei hatten 1995 die damaligen Sozialminister Florian Gerster und Karl-Heinz Lambertz (Ostbelgien) die Absichtserklärungen in Weinsheim unterschrieben. Ein Foto davon hängt im Flur des Euweco-Büros.

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