Oma Lisbeth lässt sich nicht unterkriegen

WISSMANNSDORF. Tante Emma gibt nicht auf: Obwohl ihr der Großhändler nach fast 45 Jahren Zusammenarbeit von heute auf morgen gekündigt hat, macht Elisabeth Schilz mit ihrem kleinen Laden in Wißmannsdorf weiter.

 Kaufhaus auf 80 Quadratmetern: Seit 45 Jahren hat "Lisbeth" in Wißmannsdorf ihren Laden.Foto: Uwe Hentschel

Kaufhaus auf 80 Quadratmetern: Seit 45 Jahren hat "Lisbeth" in Wißmannsdorf ihren Laden.Foto: Uwe Hentschel

Wenn mittags der Schulbus vor ihrem Laden hält, dann bekommen die Kinder etwas Süßes. "Meistens gibt es Kekse", sagt Elisabeth Schilz, "das ist Tradition". Die gelbe Uhr auch. Seit "Lisbeth" den Laden 1959 eröffnete, hängt die Uhr dort, in der Mitte ihres Geschäftes, an einem Querträger unterhalb der Decke. Die gelbe Edeka-Uhr. Rechts daneben zwei Urkunden: eine für 25-jährige Mitgliedschaft bei Edeka und die andere für 40-jährige. Vor wenigen Tagen feierte das Geschäft sein 45-jähriges Bestehen. Eigentlich Anlass für ein weitere Urkunde, doch das letzte offizielle Schreiben, das die Ladenbesitzerin von Edeka erhielt, war die Kündigung.Umsatz sank um 0,07 Prozent

Nach Prüfung der Jahresumsätze von 2002 stellte die Handelskette fest, dass der Umsatz in Lisbeths Laden im Vergleich zum Vorjahr um "0,07 Prozent" gesunken ist. "Wir bedauern die augenblickliche Entwicklung Ihres Marktes, können aber diesem Trend nichts entgegensetzen", drückt die Edeka Handelsgesellschaft Südwest ihr Mitgefühl aus. Das war im März vergangenen Jahres, wenige Monate später dann der letzte Service der Edeka: ein vorgefertigtes Kündigungsformular. "Was machst du jetzt?", hätten ihre Kinder gefragt, sagt Mutter und Oma Lisbeth. Von den 66 Jahren, die sie jetzt lebt, hat sie fast 50 Jahre für und mit Edeka gearbeitet, hat in einer Filiale in Trier-Euren ihre Ausbildung gemacht und dann in Wißmannsdorf ihr eigenes Geschäft eröffnet. Mit dem - damals noch geschwungenen - großen "E" hat alles angefangen, doch damit jetzt auch enden, das soll es nicht. "Wenn ich aufhöre, dann, wann ich will, und nicht, wenn es Edeka meint." Elisabeth Schilz macht weiter, bezieht ihre Waren jetzt von einem anderen Großhändler. Der gelb-blaue Schriftzug an den Schaufenstern wurde entfernt, ersetzt durch Gelb mit Orange. "Lisbeths Laden" steht außen, Lisbeth selbst ist drinnen, füllt Regale und verkauft auf knapp 80 Quadratmetern Dinge, die man hinter der hellbraun verklinkerten Fassade nie vermuten würde. Wer einen Wasserkocher sucht, wird an der Ladentheke fündig, hinten links ist der Frischobststand und unmittelbar daneben ein Ständer mit Kittelschürzen. Wenn früher Kirmes war, kauften fast alle Frauen im Ort die praktischen, farbenfrohen Einteiler. "Kittelschürzen, Goldrand-Geschirr und Wachstuch" seien dann der Renner gewesen, erinnert sich Lisbeth Schilz. Damals, als das Geschäft richtig gut ging und es Aldi und Lidl noch nicht gab. "Dass man mit den anderen nicht mithalten kann, ist ganz klar", meint Sohn Udo Schilz, der öfter im Laden aushilft. "Die verkaufen Sachen oft billiger, als wir sie einkaufen", fügt Mutter Lisbeth hinzu. Dennoch gebe es Kunden, die - entgegen dem allgemeinen Trend - oft bei ihnen kaufen würden. Einige kämen sogar regelmäßig aus benachbarten Orten, obwohl Bitburg nur wenige Kilometer entfernt ist. "Reich wirst Du mit so einem Laden nicht", sagt Udo Schilz, doch eine Bereicherung für den Ort sei das Geschäft allemal.Eine Entscheidung des Dorfes

45 Jahre gibt es den "Tante-Emma-Laden" jetzt, bis die 50 voll sind, möchte Lisbeth Schilz auf jeden Fall weiter machen, "so lange ich gesund bin und kann". Und danach? "Mal sehen", sagt ihr Sohn. Er könne sich durchaus vorstellen, dass es das Geschäft auch weiterhin geben wird. "Vielleicht verpachten", meint er, doch es sei keine Entscheidung der Familie, sondern vor allem eine des Dorfes. "Die Leute hier haben es selbst in der Hand." So wie den Keks, mit dem schon viele Menschen aus Wißmannsdorf nach der Schule ihren Heimweg angetreten haben.

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