Paradies für Kinder

ENZEN. (red) Enzen – gerne verwechselt mit Ernzen – hat momentan 59 Einwohner und liegt zwischen Mettendorf und Holsthum. 16 Einwohner sind unter 16 Jahren. Im Ort sind zwölf Häuser bewohnt.

Ich heiße Rita Schmitt (38) und bin in Utscheid (etwa 500 Einwohner) aufgewachsen. 2001 haben mein Mann (40) und ich uns mit unseren beiden Söhnen Michael (12) und Alexander (9) ein Haus in Enzen gekauft. Gerne bezeichne ich diesen Hauskauf als Glückstreffer. Sechs Jahre lebte ich in Köln-Ehrenfeld und habe in der Innenstadt gearbeitet. Daher kann ich diese extremen Gegensätze gut miteinander vergleichen. Niemals hätte ich in dieser Millionenstadt bleiben können und habe mich bereits damals, im Alter von 17 Jahren immer wieder gefragt, wo Kinder in einer Großstadt überhaupt Möglichkeiten zum Spielen haben. Ich genieße die Ruhe, das Vogelzwitschern, das Rauschen der Enz, die im Sommer so niedrig ist, dass man sich um seine Kinder keine Sorgen machen muss. Ich genieße das Runterzählen der Kinder beim Versteckspielen und belächle häufig meinen Jüngsten, der trotz unendlicher Versteckmöglichkeiten in Baumhäusern, beim benachbarten Bauern oder in Schuppen und Garagen tatsächlich der Meinung ist, dass man sich "nirgends richtig verstecken kann". Jeden Tag haben sie einen neuen Einfall - Minisilofahren, Staudämme bauen, Fußballspielen und vieles mehr. Kein Wunder also, dass ich in den vergangenen Sommerferien in den kompletten sechs Wochen kleine Übernachtungsgäste hatte. Bekannt sind auch einige hartgesottene Enzener, die selten den ersten Sonnenstrahl abwarten, um die Grillsaison zu eröffnen. So habe ich meinen Mann und meinen Nachbarn bei Schnee und Eis zündeln gesehen. Und als ob diese Rauchzeichen einen besonderen Einladungscharakter hätten, gesellen sich meist im Nu einige andere "Indianer" dazu. Auch unser Bürgermeister lässt es sich selten nehmen, die ersten Feuer zu begutachten - könnte ja auch ein unkontrollierter Brand sein. Ach ja, als unser Bürgermeister - sein Hof war mal in der Auswahl für eine Nachahmung der amerikanischen Serie Simple Life (der TV berichtete) - seinen 50. Geburtstag im Gemeindehaus in Halsdorf feierte, waren natürlich alle Enzener eingeladen. Ebenso bei der Hochzeit von Joachim Zwank, der auf einem Aussiedlerhof seiner Eltern wohnte. In Enzen gibt es viele offene Türen

Nach Möglichkeit hilft jeder hier jedem - man muss nur fragen. Auch Eigeninitiative wird hier groß geschrieben: So haben Enzener schon einen Gehweg mit Verkehrsberuhigung angelegt und sich für ein Bushäuschen eingesetzt. Im Sommer mähen die Männer zusammen die Hänge rund um den Ort. Abends treffen sich dann alle mit Frauen und Kindern zum Grillen beim Bürgermeister. Alte Traditionen wie Hüttenbrennen, Klappern und Maibaumsetzen werden hoch gehalten, obwohl es wegen Kindermangels schon manchmal schwierig war. Da mussten schon mal die beiden einzigen Mütter mit ihren Babies die Osterklappern drehen. Heute gibt es ausreichend Kinder. Das, was ich jedoch am meisten genieße, sind offene Türen. Dies kannte ich früher von den alten Bauernhäusern und ich mag es, wenn mich viele auch unerwartet besuchen. Ich, mein Mann und meine Kinder möchten diese Idylle, die wir hier in Enzen gefunden haben, gegen nichts tauschen. Leben auch Sie in einem Dorf mit weniger als 100 Einwohnern? Worauf müssen Sie verzichten und was macht das Leben bei Ihnen im Dorf trotzdem oder gerade deshalb lebenswert. Senden Sie uns Ihren Text, Stichwort: Heimat, per E-Mail an eifel@volksfreund.de, oder per Fax an 06561/959539 oder per Post an den Trierischen Volksfreund, Redaktion Bitburg, Hauptstraße 39 a, 54634 Bitburg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort