Pflastersteine und Wissenslücken

BITBURG. (iz) Nur knapp dem Gefängnis entgangen ist ein aus Berlin stammender und einschlägig vorbestrafter Angeklagter. Vor dem Bitburger Schöffengericht wurden gegen ihn 23 Anklagepunkte verhandelt, darunter Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigungen.

Dass es letztendlich zur Festnahme in Bitburg kam, ist Zufall. Auf der Polizeiwache in Bitburg hing ein Fahndungsplakat des Messebauers, der bei den Mai-Krawallen in Berlin-Kreuzberg im vergangenen Jahr beteiligt gewesen sein soll. Ein Klient eines Jugendsachbearbeiters der Polizei erkannte einen Bekannten auf dem Foto: "Der ist doch jetzt hier in Bitburg", sagte er. Daraufhin liefen die Ermittlungen an. Die Akten, die aus Berlin angefordert wurden, umfassten einige Straftaten - Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigungen."Mai-Krawalle" in Kreuzberg sind sein Geschäft

Per Videoauswertung wurden die Anklagepunkte untermauert. Am 1. Mai 2003 nahm der Angeklagte zum wiederholten Mal an den "Mai-Krawallen" in Kreuzberg teil. Im Protokoll heißt es, der 21-Jährige sei in einer 25-köpfigen Gruppe unterwegs gewesen und habe mehrere Autos und Telefonzellen beschädigt. Außerdem soll er mit Pflastersteinen nach Polizisten geworfen und seine Mitstreiter ebenfalls dazu angestiftet haben. Ein Beamter soll durch einen Wurf des 21-Jährigen am Helm getroffen worden sein. Nach Aussage des Protokolls soll der Polizist dabei im Gesicht verletzt worden sein. Anschließend soll sich der Angeklagte sehr handfest einer Festnahme widersetzt haben. Aber später war kein Polizist zu finden, der eine solche Verletzung erlitten hatte. Selbst vom Gericht seien die größten Anstrengungen unternommen worden, den verletzten Beamten zu finden - doch ohne Erfolg. Weitere Anklagepunkte waren Beleidigung der eigenen Mutter als "Schlampe und Drecksau" und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Angeklagte räumte alle Anklagepunkte ein, wollte aber die vollendete Körperverletzung des Polizeibeamten nicht beschwören: "Ich habe rund 100 Pflastersteine geworfen. Ich kann ihn getroffen haben." Aber ob es wirklich sein Stein gewesen sei, könne er nicht sagen.Drogenkonsum vor der Verhandlung

"Sowas sind schlechte Karten zum Mitspielen vor Gericht", kommentierte Amtsrichter Werner von Schichau "angebliche Wissenslücken" des Angeklagten, der auch auf möglichen Drogenkonsum angesprochen wurde. Drogenkonsum im Generellen verneinte der Angeklagte, doch räumte er freimütig "Konsum einen Tag vor der Verhandlung" ein. "Und so sieht er auch aus", sagte der Richter. Der Verteidiger lobte die Geständigkeit seines Mandanten und legte die Strafe ins Ermessen des Gerichts. "Die Bewährung muss sich der Angeklagte erst verdienen", führte die Staatsanwaltschaft aus und plädierte auf zwei Jahre Jugendstrafe - unter der Voraussetzung, die Strafe nach einer gewissen Zeit zur Bewährung auszusetzen. So lautete dann auch das Urteil. Das heißt: Damit die zwei Jahre Jugendstrafe auf Bewährung ausgesetzt werden, muss der Verurteilte in einer Vorbewährung 100 Sozialstunden leisten, falls er nicht binnen einer Frist einen Nachweis über eine Arbeit erbringen kann. Dann erst wird über eine Bewährung entschieden.

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