Protestanten wollen für Zukunft gerüstet sein

BITBURG. "Wie stellen Sie sich eigentlich die evangelische Kirche in der Region im Jahr 2015 vor?" Mit dieser Frage beschäftigt sich zur Zeit der evangelische Kirchenkreis Trier. Um möglichst viele Antworten zu erhalten, wurden in vier Gemeinden so genannte Regionalkonferenzen veranstaltet, darunter in Bitburg

"Jedes zweite Unternehmen muss Insolvenz anmelden, die Sozialhilfe wurde eingefroren, die Geburtenrate ist zurückgegangen. Im Kirchenkreis Trier werden pro Jahr nur noch 10 Kinder getauft, und die Arbeitslosenquote liegt bei 25 Prozent." Ein sehr negatives Szenario wie es 2015 aussehen könnte. Mit diesem düsteren Blick in die Zukunft wurden die Teilnehmer der Regionalkonferenz in Bitburg zu Beginn der Sitzung des Kirchenkreises konfrontiert. Als Alternative gab es auch einen positiven Ausblick. Danach ist die Arbeitslosenzahl 2015 auf unter eine Million gesunken, und Politik und Wirtschaft orientieren sich an christlicher Ethik. Insgesamt wurden vier verschiedene, jeweils überspitzte Szenarien vorgestellt. "Sie sollen die Teilnehmer zum Nachdenken anregen", sagt Werner Göpfert-Divivier. Er ist Geschäftsführer vom Institut für Sozialforschung, Praxisberatung und Organisationsentwicklung in Saarbrücken. Im Auftrag des Evangelischen Kirchenkreises Trier moderiert er die Regionalkonferenzen. Hintergrund der Aktion: der Kirchenkreis will sich ein neues Leitbild geben, das Antworten unter anderem auf die Fragen liefert, wofür der Kirchenkreis steht und was seine Arbeitsschwerpunkte sind. "An der Formulierung des neuen Leitbildes sollen möglichst viele mitmachen", sagt Pfarrer Jörg Weber, Öffentlichkeitsreferent beim evangelischen Kirchenkreis Trier. "Aus diesem Grund gehen wir direkt in die Gemeinden und fragen nach." Auslöser für die Idee eines neuen Leitbilds sind vor allem gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen. "Die Politiker wollen die Arbeitnehmer entlasten indem sie die Einkommensteuer senken, und das wirkt sich auch auf die Kirchensteuer aus, weil sie durch die Einkommensteuer berechnet wird", sagt Jörg Weber. Hinzu kommt, dass die Gesamtbevölkerung immer weiter abnimmt.Protestanten in der Region noch zuversichtlich

"Die evangelische Landeskirche rechnet damit, dass die Zahl der Mitglieder 2020 um ein Drittel zurückgeht." Im Kirchenkreis Trier gibt es zumindest in dieser Hinsicht zur Zeit noch keinen Anlass zur Sorge. Die Zahl der Mitglieder liege in den vergangenen fünf Jahren relativ stabil bei rund 55 000, sagt Weber. "Trotzdem müssen wir gerüstet sein und wollen nicht von den Entwicklungen überrannt werden" ergänzt er. Die einzelnen Teilnehmer der Regionalkonferenz am Montag mussten sich zunächst für ein Szenario entscheiden, das sie selbst am realistischsten einschätzten. So entstanden vier verschiedene Gruppen, die vor dem Hintergrund des jeweiligen Szenarios ihre Visionen und Wünsche auf einer Pinnwand formulierten. Anschließend wurde gemeinsam diskutiert. Die Ergebnisse aus Bitburg und den anderen Gemeinden wertet ein so genannter Strukturausschuss aus und erstellt einen Text für das neue Leitbild. Der soll Anfang Mai dann noch einmal in die Gemeinden gehen. Über die endgültige Fassung stimmt im Juni die Kreissynode ab, eine Art Parlament mit Abgeordneten aus allen evangelischen Gemeinden des Kirchenkreises Trier.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort