Rheinland-pfälzische Studie über die landesweit 100 kleinsten Dörfer bescheinigt Kleinstgemeinden durchaus Überlebenschancen

Bitburg-Prüm · Wie gehen Kleinstgemeinden mit den Herausforderungen des demografischen Wandels um und was können andere von ihnen lernen? Mit dieser Frage hat sich eine Studie der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz befasst. An der Antwort interessiert ist vor allem der Eifelkreis. Denn von den landesweit 100 kleinsten Gemeinden liegen allein 61 im Eifelkreis.

Das ist gewaltig: Allein im Zeitraum 2005 bis 2013 ist die Bevölkerungszahl in Ammeldingen an der Our um 188 Prozent gewachsen. Der Ort in der VG Südeifel ist damit landesweit absoluter Spitzenreiter. In keiner anderen Gemeinde war der Zuwachs so extrem. Eine erfreuliche Entwicklung, die sich jedoch etwas relativiert, wenn man einen Blick auf die absolute Zahl wirft. Tatsächlich zugenommen hat die Einwohnerzahl in diesem Zeitraum nämlich lediglich um 15 Einwohner. Ende 2005 wurden in Ammeldingen an der Our acht Menschen statistisch erfasst und acht Jahre später waren es 23.

Das Beispiel macht deutlich, dass die prozentuale Betrachtung von Bevölkerungsentwicklungen bei Kleinstgemeinden wenig aussagekräftig ist. Denn es muss nur eine Familie hinzu- oder wegziehen, schon kommt es zu großen Sprüngen in der Einwohnerstatistik.

Orte, bei denen das der Fall ist, gibt es in Rheinland-Pfalz viele. Von den 2169 Gemeinden des Landes haben rund 100 Orte weniger als 80 Einwohner. Und mit diesen 100 Gemeinden, von denen allein 61 im Eifelkreis sind, hat sich die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz befasst. Gemeinsam mit der Regionalentwicklung GmbH wurde untersucht, wie es die kleinsten Dörfer des Landes mit ihren wenigen Einwohnern schaffen, am Leben zu bleiben. Die Entwicklungsagentur wollte von den Ortsbürgermeistern wissen, wie deren Gemeinden den demografischen Wandel überhaupt wahrnehmen, was sie für die Daseinsvorsorge leisten und welche Rolle die kleinteiligen Strukturen und das Ehrenamt spielen.

Das Ergebnis dieser Befragung, an der letztlich 40 Ortsbürgermeister (darunter 27 aus dem Eifelkreis) teilgenommen haben, zeigt, dass der demografische Wandel in der Wahrnehmung vor Ort eine eher geringere Rolle spielt. "Kleinstgemeinden kommen mit dem demografischen Wandel insgesamt sehr gut zurecht, was aber auch daran liegt, dass sie immer damit beschäftigt sind, Lösungen zu finden", sagt Anne-Marie Kilpert von der Regionalentwicklung GmbH.Schwierige Bedingungen

Die Kleinstgemeinden seien es einfach gewohnt, unter schwierigsten Bedingungen zurechtzukommen. Darüber hinaus haben zwei Drittel der Befragten die Entwicklung der Bevölkerung während der vergangenen 15 Jahre falsch eingeschätzt. Und die meisten davon zu ihren Gunsten. Viele Ortsbürgermeister sehen die Entwicklung in ihren Gemeinden also besser als das Statistische Landesamt. Zudem hat die Befragung auch gezeigt, dass Herausforderungen wie beispielsweise die älter werdende Bevölkerung innerhalb der Gemeinden in der Regel nicht großartig thematisiert werden.

Letzteres hängt vor allem damit zusammen, dass vor Ort vieles durch das Ehrenamt und die funktionierende Dorfgemeinschaft aufgefangen wird. In manchen Gemeinden klappt das ganz gut, in anderen weniger. Und überlebensfähig sind die Kleinstgemeinden laut Auswertung der Studie nur dann, wenn neben einer intakten Dorfgemeinschaft auch ausreichend finanzielle Ressourcen vorhanden sind und das Wegsterben der Bevölkerung durch einen Zuzug von Neubürgern kompensiert wird. Besonders überraschende Erkenntnisse bringt die Studie, die kürzlich auch im Rahmen der Ortsbürgermeisterkonferenz vorgestellt wurde, also nicht zum Vorschein.

Aber sie bestätigt zumindest das, was man im Kreis bereits vorher geahnt hat. "Die Zukunft einer Gemeinde hängt nicht von ihrer Größe ab und auch nicht von ihrer Lage", sagt Helmut Berscheid, Leiter der Abteilung Kreisentwicklung bei der Kreisverwaltung. Dem schließt sich auch Landrat Joachim Streit an. Bei seinen Ortsbesuchen im Eifelkreis stelle er immer wieder fest, dass die Motivation in den Kleinstgemeinden oft spürbar ausgeprägter sei als in den größeren Dörfern. Dementsprechend wenig Sorge mache er sich deshalb um ein Aussterben dieser Dörfer: "Anders als in Frankreich oder Spanien werden wir hier keine Wüstungen bekommen", sagt er, "allein schon deshalb nicht, weil wir hier eine ganz andere Infrastruktur haben."

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