Ringen bis Mitternacht

SPEICHER. In einer mehr als vierstündigen Sitzung mit drei Unterbrechungen hat der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Speicher drei Großprojekte auf den Weg gebracht. Hohe Wellen schlug die Diskussion über die geplante Halle in Preist.

19.30 Uhr, Rathaus in Speicher. Bürgermeister Rudolf Becker (CDU) gibt in gutem Glauben die Parole für die VG-Ratssitzung aus: "Wir wollen in Frieden und Eintracht sachlich und nüchtern diskutieren." Doch richtig glatt geht an diesem denkwürdigen Abend nur der Auftrag an den Bürgermeister, im Schulzweckverband der Hauptschule Speicher für die Sanierung des Schulschwimmbads zu votieren. Ruhig beginnt die Aussprache über die Zukunft des Altenwohn- und pflegeheims Marienhof in Speicher. Becker stellt klar, dass der Orden "Franziskanerinnen vom Heiligen Josef" als Träger keineswegs einen Zuschussantrag an die VG gestellt habe. Die Schwestern seien bereit, die Zahl der Pflegeplätze aus eigener Kraft um 20 auf 60 zu erweitern. Wenn dagegen insgesamt 80 Plätze und Gemeinschafträume gewünscht seien, müsse die VG mit 260 000 Euro helfen, da Land und Kreis solche Maßnahmen nicht mehr förderten. Die Gesamtkosten eines solchen Ausbaus liegen bei rund zwei Millionen Euro. Beckers Appell an den Rat: "Aufgrund des weitaus größeren Bedarfs an Pflegeplätzen sollten wir den Zuschuss leisten." Nach Zustimmung der CDU-Fraktion platzt die erste Bombe: Die Fraktionsgemeinschaft aus SPD, UBL und Junger Liste will die Summe auf 26 Jahresraten à 10 000 Euro aufteilen. Immerhin gebe die VG für Zinsen und Tilgung des Zuschusses zum Altenheim-Bau 1995 bereits jährlich 24 000 Euro aus. Verblüffen, dann Entsetzen bei der CDU-Fraktion. "Wird das jetzt Praxis bei allen Anträgen?", fragt Michael Mohr (CDU). "Der Vorschlag ist so formuliert, dass Sie ja sagen und nein meinen."Ortsbürgermeister muss vom Tisch abrücken

20.30 Uhr. Klaus Rodens (UBL) beantragt eine Unterbrechung "für zehn Minuten". Es werden 40. Im Ratssaal und in Hinterzimmern reden sich die Protagonisten die Köpfe heiß. Heraus kommt ein neuer Vorschlag: Die VG zahlt 240 000 statt 260 000 Euro, in drei statt zwei Jahresraten. Bei einer Enthaltung stimmt der Rat zu. Rudolf Krein (UBL), Zweiter VG-Beigeordneter und Ortsbürgermeister von Preist, hebt zu einem Plädoyer für den Bau einer Mehrzweckhalle in Preist an. Die Ortsgemeinde will von der VG einen Zuschuss von 205 000 Euro und eine Beteiligung an den Folgekosten, da die Grundschule die Halle für den Sportunterricht nutzen könne. Erhard Hirschberg (CDU), auch Ortsbürgermeister von Speicher, fragt beiläufig, ob Krein bei einer solchen Entscheidung stimmberechtigt sei. Die Verwaltungsriege stutzt, schafft den Kommentar-Wälzer zur Gemeindeordnung heran. Unterdessen teilt Josef Poß (SPD) den Vorschlag der Fraktionsgemeinschaft mit: 150 000 Euro Zuschuss, keine Übernahme von Folgekosten. "Die Ortsgemeinde sollte die Planung dem Bedarf anpassen. Für diesen Fall können wir 100 000 Euro in Aussicht stellen", sagt Wolfgang Faber (CDU). "Wenn wir kleiner als die Standardmindestgröße 15 mal 27 Meter bauen, gibt das Land statt 60 nur 40 Prozent Zuschuss", entgegnet Krein. Er darf nicht mit abstimmen, weil "die Entscheidung der Ortsgemeinde unmittelbare Vor- oder Nachteile erbringen kann", wie es im Kommentar heißt. Noch zweimal unterbricht der Bürgermeister die Sitzung, weil die Positionen festgefahren sind. 23.33 Uhr. Es geht um alles oder nichts. Scheitert das Projekt Mehrzweckhalle kurz vor dem Ziel? Die Nerven liegen blank. Beckers Kompromissvorschlag: ein Treffen auf der Mitte (125 000 Euro Zuschuss). Dazu ringen sich schließlich 17 Ratsmitglieder durch, sechs bleiben hart und lehnen ab.

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