Ruhe im Luxus-Bereich

BITBURG. (scho) 36 Euro muss eine vierköpfige Familie für einen Besuch der Cascade-Sauna mindestens zahlen: "Das ist einfach zu teuer", klagt eine Mutter. Entrüstet weist sie darauf hin, dass das mit Steuergeldern mitfinanzierte öffentliche Bad doch allen Bürgern zugänglich sein sollte.

"Das kann doch nicht wahr sein", empörte sich Sauna-Besucherin Claudia Jirka-Köcher an der Kasse des Cascade-Bads. Hatte sie doch vor der 1,2-Millionen-Euro teueren Erweiterung der Bitburger Sauna-Landschaft immer 13,20 Euro gezahlt, um eine Stunde mit Mann und den beiden Kindern zu schwitzen. An ihrem "ersten und letzten Tag" in der erweiterten Cascade-Sauna waren gleich 36 Euro fällig."Familien als Kunden offenbar nicht erwünscht"

Aufgebracht machte die Mutter im "Beschwerdebuch" des Cascade-Bads ihrem Ärger Luft: "Wenn man diese Preisstruktur sieht, liegt es völlig auf der Hand, dass Familien als Klientel nicht erwünscht sind." Bislang sei ihre Familie fast jede Woche in die Sauna gefahren. "Jetzt ist es uns einfach zu teuer." Wäre die Cascade ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie etwa die Center-Parks, würde sie sich gar nicht aufregen, erklärt Jirka-Köcher. Dass aber eine aus Steuergeldern mitfinanzierte öffentliche Einrichtung sich eine solche Preispolitik leistet, ist für die Mutter mehr als frustrierend: "Schließlich zahlen auch Familien Steuern. Da braucht sich dann niemand mehr zu fragen, warum sich immer weniger Paare für ein Kind entscheiden." Dass sie mit ihrer Meinung nicht alleine steht, bestätigte ihr weitere Einträge im "Beschwerdebuch". Allein an diesem Tag hätten sich fünf weitere Familien über die gestiegenen Eintrittspreise heftigst beschwert. Nachzulesen ist das jedoch vorerst nicht. Denn: "Das Beschwerdebuch war eine zeitlich begrenzte Aktion", sagt eine Cascade-Mitarbeiterin. Das Buch befände sich beim Geschäftsführer der Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft Bitburg (BVB), Horst Werner. Die BVB ist als städtischer Betrieb unter anderem für den Betrieb des Freizeitbads zuständig. Werner, der zum 30. November sein Amt als Geschäftsführer der städtischen GmbH aufgibt, ist jedoch noch bis Anfang November in Urlaub. Er war in die Kritik geraten, als die Besucherprognosen, die er dem Stadtrat vorgelegt hatte, als dieser die Sauna-Erweiterung beschloss, in späteren Wirtschaftsplänen nicht mehr in gleicher Höhe auftauchten (der TV berichtete). Bereits damals befürchteten Ratsmitglieder, dass die zu hoch veranschlagten Besucherzahlen mit höheren Eintrittspreisen aufgefangen werden müssten. Bürgermeister Joachim Streit jedoch betont, dass die Preissteigerung nichts mit der zu hoch gegriffenen Besuchererwartung zu tun habe. Entscheidend sei im Stadtrat die Frage gewesen: "Wo hat die Kommune eine Verpflichtung Kindern und Jugendlichen ermäßigten Eintritt zu gewähren?" Der Rat sei sich einig gewesen, dass dies im Schwimmbad der Fall sei, "da Schwimmen zur Körperertüchtigung und Gesundheitsvorsorge beiträgt und deshalb jedem ermöglicht werden sollte." Die Sauna hingegen ist nach Streits Einschätzung eher dem "Wellness- und Luxus-Bereich" zuzuordnen und deshalb werden die Eintrittspreise dort weniger subventioniert. Und bei knapper Haushaltskasse müsse man sich eben entscheiden. Hinzu käme, dass die Mehrzahl der Saunabesucher keine Familien seien. "Da muss man sich fragen, was sind die Bedürfnisse der Mehrheit. Und in der Sauna suchen Erwachsene vor allem Ruhe und Erholung." Und weiter erklärt Streit: "Jemand der neun Euro Eintritt zahlt, hat auch ein Recht auf Ruhe." Für Claudia Jirka-Köcher ist dies keine akzeptable Erklärung, sondern nur neues Wasser auf ihre Mühlen: "Die zugegebenermaßen sehr schön gestaltete neue Sauna-Landschaft in Bitburg ist nicht für Familien vorgesehen, damit Singles oder kinderlose Paare nicht belästigt werden."

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