Schnell, schneller, nicht öffentlich

Der Stadtrat Bitburg dürfte einen Geschwindigkeits-Rekord für öffentliche Sitzungen aufgestellt haben: In weniger als fünf Minuten war diese am Donnerstagnachmittag beendet. "Top 3", das neue Parkplatz-Konzept, wurde von der Tagesordnung gestrichen, Anmerkungen zu den Laden-Leerständen in der Innenstadt gab's höchstens nicht öffentlich. Ein wenig Gelächter zum Schluss, der Rest ist Schweigen.

Bitburg. Klingel-lingel-ling: Wie gewohnt läutete Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit das kleine Tisch-Glöckchen - Signal dafür, dass der öffentliche Teil der Stadtrats-Sitzung eröffnet ist. Die Tagesordnung versprach durchaus interessante Diskussionen. Schließlich stand unter anderem das Thema "Parkplatz-Konzept der Stadt" an. Herzstück der Vorschläge der Verwaltung, über die der Rat entscheiden sollte: Insgesamt rund 380 derzeit kostenlose Parkplätze in der Kernstadt - jene, am "Alten Gymnasium", auf dem Schotter-Parkplatz entlang der Bedastraße, am "Grünen See" vorm Rathaus sowie in den Bereichen "Am Markt" und im Karenweg - sollen gebührenpflichtig werden (der TV berichtete ausführlich). "Ein großes Unternehmen ist an die Stadt herangetreten, um diesen Tagesordnungs-Punkt abzusetzen", sagte Stadt-Chef Streit zu Beginn der Sitzung und ergänzte: "Das Unternehmen kündigte an, eine Vielzahl von Parkplätzen anmieten zu wollen." Um welchea "große Unternehmen" es sich handelt, war gestern nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Die rund 1000 Mitarbeiter starke Bitburger Braugruppe ist es nicht, blieben als "großes Unternehmen" in der Kernstadt noch die Marienhauskliniken (rund 600 Mitarbeiter), aber dort war gestern der zuständige Ansprechpartner nicht zu erreichen. Was folgte, war ein Abstimmungs-Marathon nach dem Motto "irgendwelche Anmerkungen, Fragen, Gegenstimmen, Enthaltungen? Also einstimmig." So wurde der Rechnungs-Bericht der Dr.-Hanns-Simon-Stiftung abgesegnet (Bericht folgt), das Neubaugebiet "Hammerwies II" durchgewunken, die Aufhebung des mehr als 50 Jahre alten Bebauungsplans "an der Einmündung zur US-Wohnsiedlung und am Wasserturm" endgültig beschlossen und zwischendurch noch schnell Hans Jacobs für weitere fünf Jahre in den Stiftungsrat der Dr.-Hanns-Simon-Stiftung gewählt, bevor schließlich "Top 7" anstand: "Laden-Leerstände in der Innenstadt", über die der TV zuletzt im März berichtete. Zu beschließen gab's dazu nichts, dem Rat war zur Kenntnisnahme eine Situations-Analyse vorgelegt worden. Peter Berger (ehemals Liste Streit, nun fraktionslos) erlaubte sich schließlich eine Frage: "Wie sieht es denn aus in Sachen Rautenberg-Zentrum?" und bekam darauf von Streit die Antwort: "Der Investor ist guter Dinge." Ein wenig Gelächter erheiterte den Saal, bevor Helmut Thielgen von der Stadtverwaltung beantragte, alles weitere zum Thema in den nicht öffentlichen Teil zu verschieben. Das wars - und wie gesagt: Alles unter fünf Minuten. Meinung Wir müssen draußen bleiben Nicht, dass es in Bitburg keine wichtigen Themen zu besprechen gäbe oder die Ratsmitglieder in trauter Einigkeit sich nichts mehr zu sagen hätten. Aber derzeit ist die Öffentlichkeit bei inhaltlichen Auseinandersetzungen wohl kein gern gesehener Gast. Was bleibt, sind Diskussionen hinter verschlossenen Türen, in denen es wohl kaum so schnell einig-einstimmig vorangeht. Doch davon bekommt der kommunalpolitisch Interessierte nicht viel mit. Wer wofür steht, welche Fraktion sich wofür oder wogegen einsetzt, welche Anregungen, Bedenken oder Kritik vorgebracht werden, bleibt zunächst offen und geht später im eintönigen Einstimmigkeits-Brei verloren. Bei aller Liebe zum zügigen Vorgehen und der Abscheu vor ausschweifenden Sonntagsreden: Fünf-Minuten-Sitzungen werden weder dem Engagement der Ratsmitglieder und der Verwaltung, noch dem Interesse der Bürger gerecht. d.schommer@volksfreund.de

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