Schutzpatrone und dunkle Gestalten

KYLLBURG. Ein Brief an die Bürger der Kurstadt sorgt zurzeit für Gesprächsstoff: Darin wirft der Kyllburger Rudolf Müller Stadtbürgermeister Otto Böcker vor, gegen die Interessen der Bürger zu handeln.

 Nur einer der Kritikpunkte auf der Liste des Kyllburgers Rudolf Müller: Die Bademer Straße, in der Tempo 30 gilt, werde von Rasern unsicher gemacht und der Stadtbürgermeister tue dagegen nichts, wirft Müller Otto Böcker vor.Foto: Roland Grün

Nur einer der Kritikpunkte auf der Liste des Kyllburgers Rudolf Müller: Die Bademer Straße, in der Tempo 30 gilt, werde von Rasern unsicher gemacht und der Stadtbürgermeister tue dagegen nichts, wirft Müller Otto Böcker vor.Foto: Roland Grün

"BürgermeisterBöcker, Schutzpatron der Raser!" So ist ein Brief überschrieben,den jüngst etwa 500 Kyllburger in ihrem Briefkasten vorfanden.Verfasser ist Rudolf Müller, Bürger der Kurstadt. In dem zweiSeiten langen Schreiben nimmt er die Politik vonStadtbürgermeister Otto Böcker (CDU) - seit 1999 im Amt - insVisier und fährt dabei schweres Geschütz auf: "Ein guterBürgermeister war unser Ziel. Anstatt die Interessen aller Bürgerzu vertreten, avanciert er mittlerweile zum Risiko für dieGesundheit und das Leben der Bürger von Kyllburg", schreibtMüller sich seine Unzufriedenheit von der Seele. Anlass für seinen Unmut ist die Situation in der Bademer Straße in Kyllburg. In dem engen Sträßchen parallel zur Kyll ist die Verkehrssituation prekär, denn an die vorgeschriebenen 30 Stundenkilometer hält sich dort längst nicht jeder Autofahrer. Eine Gefahr für Kinder, Familien und ältere Menschen, die dort leben. Das beobachtet auch Müller immer wieder, wenn er auf seinem Balkon auf der anderen Kyllseite sitzt.

Bürgermeister Böcker wirft er in diesem Zusammenhang Untätigkeit vor. Forderungen, in der Bademer Straße endlich Radarkontrollen vorzunehmen und Bodenwellen anzubringen, seien ungehört verhallt, meint Müller. In einer Bürgerfragestunde seien - so schreibt Müller in seinem Brief - von Böcker entsprechende Forderungen mit der Antwort beschieden worden: "Stellen Sie sich vor, ich veranlasse eine Radarkontrolle und danach haben zehn Kyllburger keinen Führerschein mehr, das will doch niemand." Für Müller "eine Schande", wie er schreibt .

Und noch mehr: Auch in Sachen Kurfürst und Vergabe Campingplatz erhebt Müller Vorwürfe gegen Böcker. Bezahlt hat er die Verteilung der rund 500 Briefe selbst. "Aber das war's mir wert", sagt Müller, der bereits ein weiteres Schreiben ankündigt.

Auf das erste hat Bürgermeister Böcker inzwischen reagiert und ließ "an sechs markanten Stellen in Kyllburg" (Zitat Böcker) eine poetisch anmutende Erwiderung aufstellen: "Ein Mann ist verzweifelt. Dunkle Gestalten überall, wo er hinschaut. Dunkle Schatten zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Dunkelheit geht sogar in tiefes Schwarz über", schreibt Böcker und wer in Textinterpretation ein wenig geübt ist, kann spätestens bei der Nennung weiterer Farben ("In seiner Not und Verzweiflung stürzt er sich auf die wenigen gelben, grünen und roten Lichtblicke.") erkennen, dass der Bürgermeister Parteipolitik hinter Müllers Angriff vermutet.

Das bestreitet Müller. "Ich bin neutral", sagt er und bekräftigt, dass er seinen Unmut vor allem an der Amtsführung Böckers festmacht. Und er fühlt sich keineswegs allein in dieser Auffassung. Etliche Kyllburger hätten ihm nach seinem Brief den Rücken gestärkt, selbst jene, mit denen er mit Lauf der vergangenen Jahre kein so gutes Verhältnis gehabt habe. "90 Prozent der Kyllburger stehen hinter mir", glaubt Müller, der seinem nächsten Brief auch gleich Böckers Schreiben beilegen will, damit sich die Bürger ein Bild machen könnten.

Böcker will sich am 3. Mai äußern

In seiner Erwiderung reagierte Böcker nicht auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Auch im Gespräch mit dem TV wollte er sich zunächst nicht dazu äußern, denn das will er am Samstag, 3. Mai, in der Bürgerfragestunde (Haus des Gastes, gegen 11 Uhr) tun. Dann will er zu Müllers Vorwürfen Stellung nehmen, jedoch nicht darüber diskutieren. Nur so viel verrät er jetzt schon: "Die Punkte sind nicht haltbar. Ich werde sie alle widerlegen."

Müller und seine Mitstreiter wollen dieser Veranstaltung fernbleiben. "Wir hätten uns statt einer Bürgerfragestunde eher eine Bürgerversammlung gewünscht", sagt der Kyllburger Peter Brantzen, der sich Müllers Protest angeschlossen hat.

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