Sieben Kilo aus dem Fenster

BITBURG. Wegen Drogenhandels und weiterer Straftaten hat das Schöffengericht Bitburg zwei Afrikaner zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Einer der Männer überraschte das Gericht, weil er mitten in der Verhandlung plötzlich Deutsch sprach.

Die Einfuhr von und der Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen: Das wirft die Anklageschrift dem 38-jährigen Charles N. und dem 27-jährigen Mika S. (Namen von der Redaktion geändert) vor. Mehrmals sollen sie Marihuana von den Niederlanden aus über Belgien nach Deutschland geschmuggelt haben, um den Stoff unter anderem im Raum Kaiserslautern zu verkaufen. Bei einer solchen Fahrt im Januar 2006 wurde Charles überführt, als er mit acht Kilogramm Marihuana in einem gemieteten Auto von Maastricht zurück nach Deutschland fahren wollte. Die Drogen waren für einen Dealer in Kaiserslautern bestimmt. Vor Gericht berichtet ein Zeuge, der Charles nach der Tat in der Justizvollzugsanstalt Trier kennen gelernt hat: "Charles hat mir gesagt, er habe bei Steinebrück in einer Schlange gestanden. Als er vorne Blaulicht sah, habe er ein dummes Gefühl gehabt und die Drogen kurzerhand aus dem Fenster über die Leitplanken in den Wald geworfen." Pech nur, dass sich Charles N. nicht des ganzen Marihuanas entledigte. Bei der Zollkontrolle wurde bei ihm noch mehr als ein Kilogramm mit einem Wirkstoffanteil von 15,6 Prozent sichergestellt. Beim Verhör stellte sich heraus, dass dies nicht seine erste Drogenfahrt war. Nach eigenen Angaben war Charles N. aufgrund finanzieller und familiärer Gründe in die Sache hinein- gerutscht. Das Gericht hält dem Angeklagten sein Geständnis zugute. Das Urteil: drei Jahre Haft. Nicht ganz so geständig zeigt sich der andere Angeklagte Mika S. Zu Beginn der Vernehmung durch Richter Werner von Schichau lässt er über seine Dolmetscherin erklären, er sei nie mit Charles N. nach Kaiserslautern gefahren, um Drogen zu verkaufen. Ebenso behauptet er, er sei mit N. nur nach Holland gefahren, um dort für 35 Euro Fisch zu kaufen. Bei einer früheren Vernehmung sagte Mika S. jedoch bereits dem Zoll gegenüber aus, er habe gemeinsam mit anderen Kollegen Drogen nach Kaiserslautern geliefert. An die rund 1400 Euro, die er in Kaiserslautern eingesammelt hatte, um dafür Drogen zu kaufen, kann oder will sich der Angeklagte auch nicht mehr erinnern. Insgesamt weisen seine Aussagen vor Gericht viele Widersprüche zu seinen Angaben beim Zoll auf. Er begründet dies damit, dass man ihn in Kaiserslautern bei der Vernehmung falsch verstanden und somit seine Aussagen falsch übersetzt habe. Doch plötzlich die Überraschung: Er stellt dem Richter selbst eine Frage in verständlichem Deutsch. Verwunderte Blicke im Gerichtssaal. Zwar übernahm der Angeklagte selber keine Kurierfahrten, aber er leistete seinem Mittäter Beihilfe. So ließ er unter anderem den Mietvertrag für den Wagen verlängern, mit dem Charles in den Niederlanden unterwegs war. Neben der Beihilfe zum Drogenschmuggel wird Mika S. auch ein Verstoß gegen das Ausländergesetz vorgeworfen, weil er wegen der drohenden Abschiebung untergetaucht war. Zudem gab er sich mehrfach andere Namen. Zu diesen Verstößen bekennt sich der Angeklagte schuldig, was ihm beim Urteil positiv angerechnet wird. Ebenso zugute kommt ihm, dass er der Polizei Namen nannte, die weitere Ermittlungen in der Drogenszene ermöglichen. Die Drogendelikte gesteht er nicht. Das Gericht sieht sie jedoch als erwiesen an und verurteilt Mika S. zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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