Spielen die Kreistagsmitglieder nur auf ihren Tablets?

Bitburg · Der Kreistag Bitburg-Prüm verzichtet auf Papier. Sitzungsunterlagen und Haushaltssatzungen werden digital auf Tablets gelesen. Die Geräte erleichtern die Arbeit – aber auch die Ablenkung.

Ein Tablet wiegt um die 500 Gramm, die Haushaltssatzung des Eifelkreises mehr als vier Kilo. Bei 60 Exemplaren, die bis vor kurzem noch von jeder Satzung gedruckt und in erster Linie an die Mitglieder des Kreistags verteilt wurden, kam man so auf ein Gewicht von annähernd einer viertel Tonne. Hinzu kamen die unzähligen anderen Unterlagen, die im Lauf eines Jahres gedruckt und verschickt wurden. Inzwischen jedoch hat sich das weitgehend erledigt.

Vor zwei Jahren nämlich wurden die Mitglieder des Kreistags mit Tablets ausgestattet (der TV berichtete). 23?500 Euro hat diese Anschaffung laut Kreisverwaltung gekostet. Das ist zunächst einmal viel Geld, führt auf der anderen Seite aber jedes Jahr zu beachtlichen Einsparungen. So werden nach Aussage der Kreisverwaltung durch die konsequente Umstellung auf digitale Sitzungsunterlagen jährlich 7000 bis 7500 Euro für Papier, Druck, Umschläge, Porto und Personalkosten eingespart.

Die Mitglieder des Kreistags haben bei den Sitzungen also in der Regel nicht mehr einen Stapel Papiere vor sich, sondern lediglich ihr Tablet, mit dem sie online auf sämtliche Sitzungsunterlagen zugreifen können - was sowohl für aktuelle als auch alte Sitzungen gilt. Der Kreistag hat so die Möglichkeit, bei Bedarf auch auf vorangegangene Sachverhalte und Beschlüsse zuzugreifen. Und das kann angesichts der unterschiedlichen Erinnerungen an gemeinsam verbrachte Stunden im Kreistag durchaus hilfreich sein.

Kurzum: Das Tablet erleichtert vieles - was allerdings nicht nur den Zugang zu den digitalen Sitzungsunterlagen betrifft, sondern eben auch alles andere, wofür sich das Gerät als Medium eignet.

So stellt sich trotz aller Vorteile durchaus die Frage, ob es während der Sitzung tatsächlich nur für Sitzungszwecke genutzt wird oder ob es eben nicht doch zum Abtauchen in eine Parallelbeschäftigung verleitet. Bei einigen Kreistagsmitgliedern jedenfalls ist die dem Tablet geschenkte Aufmerksamkeit derart groß, dass man sich als Außenstehender schon wundern kann, welche interaktiven Nutzungsmöglichkeiten sich so alles aus einer simplen Sitzungsvorlage ergeben.

Mit dieser - zugegeben subjektiven - Einschätzung werden auch die 45 Mitglieder des Kreistags konfrontiert. Vielleicht fühlt sich ja jemand angesprochen.

Nun, Landrat Joachim Streit jedenfalls nicht. "Ich bin nur mit der Sitzung und den Unterlagen beschäftigt", sagt Streit. Und ihm sei bislang auch noch nicht aufgefallen, dass es bei den übrigen Mitgliedern des Kreistags anders sei. Wobei der Landrat damit nicht ausschließen will, dass es das gibt. "Früher haben ja auch schon mal welche Zeitung gelesen", sagt er. Die Zeitung kann man natürlich auch auf dem Tablet lesen.

Während der Sitzung ist das für den Beigeordneten Rudolf Rinnen nach eigener Aussage aber kein Thema. "Was die Kollegen machen, kann ich natürlich nicht sagen, aber meine Nutzung bezieht sich auf die Sitzungsvorlagen", sagt Rinnen. Er sei froh, dass der Kreistag auf Tablets umgestiegen ist.

"Wenn dann bei Sitzungen irgendwelche Behauptungen ins Feld geführt werden, ist durch die Recherchet-Möglichkeit in alten Sitzungsunterlagen beziehungsweise auch im Inernet natürlich schnell der Gehalt von Wortbeiträgen zu eruieren", sagt der Beigeordnete der FWG.

Insgesamt erwecke die Beschäftigung mit dem Tablet vielleicht den Eindruck der Unaufmerksamkeit, räumt Rinnen ein. Er aber empfinde es als wohltuend, immer alle Unterlagen dabei zu haben.

CDU-Kreistags-Mitglied Petra Schweisthal sieht das ähnlich. Auch sie befürwortet die Einführung der Tablets, weil es die Arbeit zweifelsohne vereinfache. "Ich finde es auch nicht schlimm, wenn zwischendurch mal eine Mail beantwortet wird", sagt sie. In welchem Umfang das Tablet jenseits der eigentlichen Sitzungsarbeit genutzt werde, sei eine Frage der Selbstdisziplin und des Anstands. Und letztlich sei es dann auch egal, ob jemand innerlich abschalte oder sich anders beschäftige. "Gut ist weder das eine noch das andere."

Auch Barbara Hiltawski von der SPD hat ein Tablet, das sie nach eigener Aussage aber so gut wie gar nicht nutzt. Sie bevorzugt die Unterlagen in Papierform. Den Eindruck, dass einige Mitglieder sich während der Sitzungen recht intensiv mit ihrem Tablet oder Smartphone befassen, hat aber auch sie. "Da ist schon was dran", sagt Barbara Hiltawski.

Das meint auch Marieluise Niewodniczanska. Da sie jedoch zu den Ältesten im Kreistag gehöre, sei sie womöglich der falsche Ansprechpartner, sagt die FDP-Frau. "Ich möchte meine Kreistagskollegen auch nicht verpfeifen", sagt Marieluise Niewodniczanska. "Das wäre unfair."

Das wäre es in der Tat. Zumal es ja auch nicht verboten ist, sich in den Sitzungen mit etwas anderem zu beschäftigen. Und auch die Nutzungsbedingungen, die seinerzeit mit dem Tablet an die Kreistagsmitglieder verteilt wurden, verbieten es nicht, die Geräte auch für andere Zwecke zu nutzen.

In diesem Zusammenhang weist auch die Pressestelle der Kreisverwaltung erneut auf die vielen positiven Aspekte der Tablet-Einführung hin. Auch das sollte bei einer Berichterstattung berücksichtigt werden, heißt es seitens der Kreisbehörde. Selbstverständlich wird es das. Es war ja auch nur eine Frage.

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