Spinnennetz lässt Hunden Freiräume

SPEICHER. Wilhelm Jungen aus Hetzerath hat sein "Trierer Leinenzwang-Modell" gemeinsam mit der Verbandsgemeinde (VG) Speicher zur Praxisreife gebracht. Durch Karten und Luftbilder soll übersichtlich festgelegt werden, auf welchen Flächen Hunde angeleint werden müssen, und wo sie frei laufen dürfen.

"Natürlich geht der Personenschutz vor. Aber wenn es Leinenzwangregeln gibt, müssen diese für den Hundehalter absolut eindeutig sein, sodass er die Anlein- und die Freilaufzone klar unterscheiden kann", sagt Wilhelm Jungen. Der rechtskundige Hundehalter aus Hetzerath (Kreis Bernkastel-Wittlich) hat seit einem Vorfall im Februar 2004 eine Lawine ins Rollen gebracht (der TV berichtete). Damals zeigte ihn eine Passantin an, weil er mit frei laufenden Jagdhunden auf einem Waldweg in der VG Trier-Land unterwegs war. Als Jungen sich gegen das Bußgeld von 100 Euro wehrte, gab ihm das Amtsgericht Trier Recht. Die Gefahrenabwehrverordnung der VG sei in diesem Punkt unverhältnismäßig, weil der Leinenzwang "ohne Rücksicht auf Art und Größe der Hunderasse und ohne zeitliche Ausnahme für das gesamte VG-Gebiet" gelte.Musterverordnung der ADD Trier

Ihre zunächst eingelegte Rechtsbeschwerde zog die Staatsanwaltschaft Trier zurück, als bekannt wurde, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier nach einem kritischen TV-Bericht im August 2005 ohnehin betroffene Kommunen auffordern würde, ihre Verordnungen zu ändern. Durch das rechtskräftige Urteil kamen landesweit neun Kommunen unter Zugzwang, darunter die Stadt Trier sowie die Verbandsgemeinden Trier-Land, Schweich, Ruwer und Speicher. Später kam noch die VG Konz hinzu. Aufgrund der "veränderten Rechtslage", so die ADD, habe sie einen Formulierungsvorschlag gemacht, aus dem die VG Trier-Land eine Neufassung ihrer Verordnung "erarbeitet" haben will. Für Jungen unverständlich, denn seiner Auffassung nach bestätigte das Urteil nur die gängige Rechtsprechung. Außerdem habe der Gemeinde- und Städtebund bereits im Oktober 2000 eine neu formulierte Musterverordnung an seine Mitglieder versandt, auf die jedoch offenbar nicht alle reagierten. Tatsächlich lehnt sich der Vorschlag der ADD eng an diese Musterverordnung an. Im November 2005 erließ die VG Trier-Land eine neue Verordnung (siehe Extra). Daraufhin stellte Jungen, vertreten durch die Rechtsanwältin Anne Bosch aus Trier, einen Antrag auf ein abstraktes Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz. Jungen hält die verwendeten Kriterien "innerhalb" und "außerhalb bebauter Ortslage" unter Verweis auf die Rechtsprechung für zu unbestimmt und nicht nachvollziehbar für Bürger. Anhand von Luftbildern verweist er auf Probleme unter anderem durch Aussiedlerhöfe, erschlossene, aber noch nicht oder nur teilweise bebaute Wohn- und Gewerbegebiete: "Unsere Region ist zersiedelt." Jungens Lösung: Zusammen mit der VG-Verwaltung Speicher kombinierte er - ohne Honorar - Straßenkarten und Luftbilder der neun Ortsgemeinden. Innerhalb der gelb markierten Gesamtfläche gilt auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen sowie in öffentlichen Anlagen (grün markiert) genereller Leinenzwang. So entsteht optisch ein Spinnennetz. Die Auslaufkarten sollen Hundehaltern zur Orientierung dienen. Den Einwand der VG Trier-Land, das Modell sei mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden, lässt Jungen mit Verweis auf das als Grundlage ohnehin vorhandene Karten- und Bildmaterial/Software nicht gelten. Die mündliche Verhandlung vor dem OVG Koblenz ist auf den 21. September terminiert. Deren Ergebnis will auch die VG Speicher abwarten. Bürgermeister Rudolf Becker (CDU): "Wir müssen bei einer Regelung beide Parteien berücksichtigen: die Hundehalter und die Menschen, die Angst vor Hunden haben."

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