"Springer müssten bestraft werden"

ST. VITH/WINTERSPELT. Bei deutschen Behörden hat der TV -Bericht vom Montag über die Gleitschirm-Sprünge von der Ourtal-Brücke Schulterzucken und Erstaunen hervorgerufen. Die belgische Gemeinde St. Vith forciert unterdessen ihre Bestrebungen, eine rechtliche Basis für Gegenmaßnahmen zu schaffen.

"Ich höre und lese zum ersten Mal von solchen Sprüngen", sagt Heinz Schalz vom Landesbetrieb Straßen und Verkehr (LSV) in Gerolstein. "So etwas hätte sich doch schneller herumsprechen müssen." Die Gerolsteiner sind allerdings auch nicht zuständig. Doch auch bei der Autobahnmeisterei Prüm lag nichts dergleichen vor. Leiter Thomas Wagner: "Ich kenne so etwas nur aus dem Fernsehen. Da wurde gezeigt, wie ein Fallschirm gegen einen Brückenpfeiler geschlagen und der Springer in einem Baum gelandet ist." Bei der Vorbereitung eines Sprungs von einer Autobahn werde der Verkehr erheblich gefährdet. Schnell könne es zu Auffahrunfällen kommen. Zeugen sollten sich daher das Nummerschild des betroffenen Fahrzeugs auf dem Standstreifen merken. Extremsportler filmen sich gegenseitig

Rudolf Rosenberger vom übergeordneten Autobahnamt Montabaur hat landesweit noch mit keinem solchen Fall zu tun gehabt: "Bis auf die belgische Seite reicht unser Arm leider nicht. Aber diese Springer müssten bestraft werden." Werner Lorsy, Leiter der Polizeiinspektion Prüm, bestätigt, dass seine Behörde am Wochenende erstmals mit dem Problem der Base-Jumper in Kontakt gekommen ist. In erster Linie gehe es wohl um belgisches Gebiet. "Wenn auch die deutsche Seite betroffen ist, werden wir das auf keinen Fall hinnehmen. Man sollte nicht erst so lange warten, bis wirklich etwas passiert. Wir werden mit den Kollegen von der belgischen Polizei und möglicherweise auch mit Anwohnern darüber reden." Raimund Fux ist Leiter des Straßenbauamts St. Vith. Seine Behörde ist zwar für Autobahnen nicht direkt zuständig. Doch bei einer Radtour vor gut zwei Wochen sah er zufällig, wie nacheinander fünf Base-Jumper von der Ourtal-Brücke sprangen. "Die haben sich gegenseitig dabei gefilmt und hatten sogar eine Helmkamera", berichtet Fux. "Das ist ein Wettbewerb: Wer am dichtesten am Boden dran ist, wenn er die Reißleine zieht, hat gewonnen. Das sind Verrückte." Vor Ort zeigte Fux seinen Amtsausweis und stellte die Springer zur Rede. Die Ertappten flüchteten in einem Van. Da Fux sich jedoch das Kennzeichen notiert hatte, ermittelte die Polizei den Halter des Wagens. Er stammt aus der Nähe von Tessenderlo in Flandern. Auf die Betroffenen kommt ein Verfahren zu, aber nur wegen Gefährdung des Straßenverkehrs. Grund: Base-Jumping ist in Belgien nicht ausdrücklich verboten, denn solche Sprünge fallen nicht unter die Bestimmungen zum Fallschirm-Springen (aus Flugzeugen). "Es ist zwar ein Gesetz geplant, aber der Beschluss steht noch aus", erklärt Ewald Zanzen, Leiter der Polizei in St. Vith. "Wenn die Springer von der deutschen Seite abheben, müssten die deutschen Gesetze entsprechend greifen." Manche springen gleich mehrfach

Im regionalen Polizeirat sprachen die Beamten in der vergangenen Woche mit Bürgermeistern über das Thema. Angedacht ist der Erlass einer Polizeiverordnung durch St. Viths Bürgermeister Christian Krings, um das Base-Jumping gezielt zu verbieten. Ob eine solche Verordnung zulässig wäre, ist allerdings noch unklar, da Autobahnen grundsätzlich nicht zum Einflussbereich der Bürgermeister gehören. Bis es handfeste Erfolge gibt, ist mit weiteren "Touristen" an der Ourtal-Brücke zu rechnen, die die Gesetzeslücke ausnutzen. "Es gibt Leute, die das organisieren und als Dienstleistung anbieten", glaubt Raimund Fux. Dafür sprechen auch Beobachtungen eines Anwohners: "Manchmal springen die Leute sogar mehrfach hintereinander. Wenn rundherum alles ruhig ist, nehmen die sich viel Zeit. Sie prüfen die Windverhältnisse, lassen sich von der deutschen Seite aus einzeln auf die Autobahn-Brücke fahren und legen den Schirm später akkurat zusammen."

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