Streit ums Abwasser endet nach 22 Jahren - Heilbach und Niehl erhalten Fördergeld für Klein-Kläranlagen

Heilbach · 22 Jahre lang tobte zwischen der Verbandsgemeinde und Heilbach ein Abwasserstreit. Die Gemeinde hat gewonnen und darf als erster Ort in Rheinland-Pfalz private Kleinkläranlagen bauen. Am Ende eines Treffens im Dorfgemeinschaftshaus gibt es neben Kuchen und Kaffee auch Fördergelder und lobende Worte aus Mainz.

 Arbeiter versenken die Kleinkläranlage im Garten des Ortsbürgermeisters Peter Trauden. Foto: privat

Arbeiter versenken die Kleinkläranlage im Garten des Ortsbürgermeisters Peter Trauden. Foto: privat

Foto: (e_eifel )

Heilbach. Wir befinden uns im Jahre 1992 nach Christus. In der Eifel sprießen zentrale Kläranlagen aus dem Boden. In der ganzen Eifel? Nein! Ein Dorf hört nicht auf, Widerstand zu leisten. 22 Jahre hat das Ringen um die eine Frage gedauert: Sollen 132 Heilbacher eine zentrale oder mehrere private Kleinkläranlagen bekommen? Die Heilbacher befürchteten enorme Kosten durch eine zentrale Lösung.
"Das war Krieg", sagt Ortsbürgermeister Peter Trauden und grinst. Denn Heilbach hat den Krieg gegen die Verbandsgemeinde und die Südeifelwerke gewonnen. Die Gemeinde wird die erste in Rheinland-Pfalz mit 29 privaten Kleinkläranlagen sein. Mit zwölf Ausnahmen in den Ortsteilen "Windhausen-Ost" und "Auf der Sotz", die sich lieber an den Kanal der Verbandsgemeinde anschließen lassen. Dabei haben die Heilbacher, anders als die Gallier vor über 2000 Jahren, Unterstützung von oben. Einige Hilfegesuche in Mainz stießen auf offene Ohren.
Eine harte Auseinandersetzung


Umweltministerin Ulrike Höfken gehört zu denen, die diese Lösung gut heißen und den Bau von privaten Kleinkläranlagen mit einer Förderrichtlinie möglich gemacht haben (siehe Extra). "Ohne die Offenheit dieser Ministerin, wäre das Pilotprojekt Heilbach nie gelungen", lobt Trauden die Politikerin. Höfken ist es auch, die in das Heilbacher Dorfgemeinschaftshaus kommt, um die Förderbescheide für Heilbach und auch für den Nachbarort Niehl offiziell an die Verbandsgemeinde Südeifel zu überreichen.
"Die Abwasserfrage hat bewegt. Es war eine harte Auseinandersetzung, zeitweise haben wir nicht mehr miteinander gesprochen", sagt die Umweltministerin. Jetzt sind sie alle gekommen und sitzen gemeinsam an einem Tisch, trinken Kaffee, essen Schnittchen und Kuchen. Norbert Schneider, der damalige Bürgermeister der VG Neuerburg, Hermann Hermes, Werksleiter der Südeifelwerke, und Winfried Wagner, der damalige Werkleiter der SGD Nord und laut Trauden "der größte Gegner der Kleinkläranlagen-Lösung." Die Töne sind versöhnlich geworden.
Warum mussten bis zu diesem Tag 22 Jahre vergehen? Norbert Schneider formuliert es so: "Die Ortsgemeinde Heilbach war von der Priorität immer am Ende der Zeitschiene angesiedelt." Hermann Hermes, Werksleiter der Südeifelwerke, räumt ein: "Man muss flexibel bleiben und den Leuten die Möglichkeit lassen zu wählen."
Trauden sagt: "Ich freue mich, dass alle Bürger, die daran beteiligt waren, immer hinter dieser Lösung gestanden haben."
Diejenigen Heilbacher, die nicht gerade dabei sind, die zentrale 300 Meter lange private Abwasser- und Regenwasserleitung zu verlegen oder sich um den Bau ihrer eigenen Kläranlage zu kümmern, sind in das Dorfgemeinschaftshaus gekommen. Darunter ist Manfred Zeimens. Der Landwirt hat einen Kilometer außerhalb des Ortes ein fünf Hektar großes Gehöft.
Bisher sammelte er das Abwasser in einer Sickergrube, die einmal jährlich abgepumpt wurde. Doch die ist ab 2016 gesetzlich verboten. Nun hat er eine private Kläranlage auf seinem Grundstück zum größten Teil selbst angebracht. Etwa 6000 Euro hat die Anschaffung der Anlage gekostet. "Bei einer zentralen Kläranlage hätte es bestimmt etwa 100 000 Euro gekostet, die Straße aufzureißen und die Rohre bis zu meinem Grundstück zu verlegen", schätzt er."Das hat Nerven gekostet"


Viele Heilbacher sind in den vergangenen Jahren zu Abwasser-Experten geworden. Doch nicht alle sind in der Lage, den Bau einer Kläranlage zu planen und instand zu halten. Ein Anwohner, der sich an den Kanal der VG anschließen lassen wird, sagt: "Ich bin Ende 70, und mir ist es lieber, wenn sich die Verbandsgemeinde um so etwas kümmert."
Auch Bürgermeister Trauden muss zugeben: "Hätten wir gewusst, was uns das an Nerven kostet, wir hätten wahrscheinlich schon mehrmals das ganze Projekt begraben." Hat sich die Mühe gelohnt? Das wird sich zeigen. Immerhin gibt es nach 22 Jahren Streit nun einen Beschluss oder wie Römer und Gallier gleichermaßen sagen würden: Alea iacta est - Die Würfel sind gefallen.Meinung

Zu viel Zeit verschwendet
Schön, wenn sich Bürger für ihren Ort einsetzen. Noch schöner, wenn ein solcher Einsatz von Erfolg gekrönt ist. Weniger schön, wenn aus der Frage "zentrale oder private Kleinkläranlage?" ein 22-jähriger Krieg entsteht. Das hat Geld, Nerven und Zeit gekostet, die man sich durch Kommunikation und Flexibilität hätte sparen können. Alle Beteiligten sollten sich die Frage stellen, ob das wirklich notwendig war oder ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, gemeinsam eine schnelle Lösung zu finden. Wer weiß, wie sehr in den vergangenen 22 Jahren die Umwelt rund um Heilbach durch veraltete Sickergruben verschmutzt worden ist. s.muenchen@volksfreund.deExtra

Seit 2013 gibt es eine Förderrichtlinie, die den Bau und Betrieb von Klein-Kläranlagen möglich macht. Durch diese neue Flexibilität hat das Land, laut Ministerin Ulrike Höfken, bisher 20 Millionen Euro eingespart. Bis zum 31. Dezember 2015 sollen alle Haushalte in Rheinland-Pfalz an Kläranlagen angeschlossen werden. Private Kleinkläranlagen werden laut Norbert Schneider, ehemaliger Bürgermeister der VG Neuerburg, mit einem Festbetrag von 6500 Euro je Anlage gefördert. Die Investitionskosten müssen vom Grundstückseigentümer getragen werden. Allein die Kanalleitung wird laut Ortsbürgermeister Trauden voraussichtlich 60 bis 65 000 Euro kosten. Diese wird mit 50 Prozent bezuschusst, abzüglich 20 Prozent, die die Bürger vertraglich festgelegt in Eigenleistung erbringen müssen. In Heilbach wird zudem ein privater Abwasser- und Regenwasserkanal gebaut. "Dadurch haben wir sichergestellt, dass in Zukunft weder Kanalgebühren noch Niederschlagswassergebühren von der VG erhoben werden können", sagt Trauden. Bei den zwölf Häusern in den Ortsteilen "Windhausen-Ost" und "Auf der Sotz", die zusammen an eine Kleinkläranlage angeschlossen werden, entstehen Kosten von etwa 350 000 Euro. Hätte sich Heilbach für eine zentrale Anlage entschieden, hätte diese laut Trauden 860 000 Euro gekostet. Ministerin Ulrike Höfken übergibt an diesem Tag auch das Fördergeld für die Gemeinde Niehl. Dort betragen die förderfähigen Gesamtkosten etwa 660 000 Euro. Die Niehler haben sich am 9. Juli 2013 für eine zentrale Kläranlage entschieden, also die Abwasserbeseitigung durch die VG sicherstellen zu lassen. müs

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