"Stroh macht Schweine froh" - Rittersdorfer Bauern haben die Betonspalten-Haltung abgeschafft

Rittersdorf · „98 Prozent der Schweine in deutschen Mastbetrieben“, sagt der Rittersdorfer Landwirt Andreas Billen, „werden auf Betonspalten gehalten.“ Nicht gerade gemütlich, wenn man als Schwein mal ein Nickerchen machen will. Deshalb haben die Rittersdorfer Schweinebauern die Haltung auf Betonspalten abgeschafft. Stattdessen wird Stroh eingestreut, was der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Tiere sowie der Qualität des Fleisches zugute kommen soll.

"Stroh macht Schweine froh" - Rittersdorfer Bauern haben die Betonspalten-Haltung abgeschafft
Foto: Christian Moeris

Hildegard, Alfred und Andreas Billen öffnen ihre Stalltüren gerne für neugierige Besucher. "Wir haben keine Geheimnisse. Die ganze Negativberichterstattung über Landwirte in den Medien habe ich satt", sagt Junior Andreas Billen. Also Zeit für ein positives Beispiel, wie es auch gehen kann - von denen es im TV allerdings in letzter Zeit schon eine ganze Reihe zu lesen gab.Schwerpunkt
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Die Schweinebauern aus Rittersdorf sind nämlich mächtig stolz auf ihren neuen Stall, wo mehr als 800 Schweine leben. "Das ist so gesehen ein Prototyp, den wir selbst entwickelt haben", sagt Andreas. "Denn etwa 98 Prozent der Schweine in deutschen Ställen werden konventionell auf Betonspalten gehalten."
Was machen die Billens aus Rittersdorf anders? "Haben Sie schon mal auf Beton geschlafen?", kontert Senior Alfred Billen die Frage des TV-Reporters, der zu Gast auf dem Billenhof ist. "Das ist auch für Schweine ungemütlich", sagt Billen. Daher betten die Rittersdorfer ihre Tiere im neuen Schweinestall auf Stroh.

Vorteile: "Die Schweine haben keine Gelenkprobleme mehr und weniger Verletzungen und Entzündungen", sagt Alfred Billen. Denn das Stroh sei wie eine weiche Matratze. Da der Strohstall im Gegensatz zum Betonspalten-Stall auch nicht geheizt werden müsse, offen und gut belüftet sei, habe er dort auch noch kein Schwein husten gehört, meint Billen. "Antibiotika mussten wir da noch nicht einsetzen. Es gibt auch null Schwanzbeißer mehr, was nur Tiere tun, die unzufrieden sind. Die Schweine fühlen sich auf Stroh richtig wohl." Zudem würden die Schweine mehr fressen, spielen, schneller zulegen und dazu habe die Qualität des Fleisches zugenommen, erklärt der Senior. "Das Fleisch ist fester und aromatischer, weil sich die Tiere mehr bewegen."

Strohhaltung: Im Gegensatz zu Betonspalten, die man mit dem Hochdruckreiniger saubermachen könne, mache das Stroh zwar etwas mehr Arbeit, erklärt der 34-jährige Landwirtschaftstechniker Andreas, "aber dafür gehen wir jeden Morgen mit Freude in den Stall". Die Tiere werden jeden Tag eingestreut. Das erledigen die Billens mit einer Maschine, die entlang einer Schiene am First des Stalls fährt und 360 Grad drehbar ist. Die Maschine wird mit Strohballen beladen und lässt es von oben in die Boxen rieseln.
Mit der Zeit wächst in den Mastboxen so ein Berg an Mist und Stroh an. Denn ausgemistet werde eine Mastbox erst nach etwa drei bis vier Monaten, erklärt Billen, wenn die Schweine mit etwa 120 Kilo schlachtreif seien. Dann stehe das Stroh etwa einen Meter hoch in der Box.
Zum Trinken und Fressen müssen die Schweine der Billens eine Treppe hochlaufen. "Wo gefressen und getrunken wird, haben wir aus hygienischen Gründen Betonspalten, aber die Tiere halten sich dort ja nur kurz auf", erklärt Senior Alfred Billen. Das Futter für die Tiere, Gerste und Weizen, produzieren die Bauern auf ihren Ackerflächen selbst.

Idee: "Wir haben den Strohstall gebaut, weil wir weg von der Massentierhaltung und Verbraucher erreichen wollen, die Wert auf Qualität und artgerechte Haltung legen", erklärt der Junior. Hatte ein Schwein früher 0,8 Quadratmeter Platz, so sind es im neuen Stall 1,25 Quadratmeter. "Wir sind auch der Meinung, dass man nicht jeden Tag Fleisch essen muss, aber wenn, dann sollte man bereit sein, einen Euro mehr zu bezahlen und Qualität zu kaufen." Etwa 25 Prozent mehr müssen Fleischliebhaber für ein Stück Schweinefleisch aus dem Strohstall zahlen.

Die Billens sind zudem von der Regionalmarke Eifel zertifiziert und vermarkten bereits 30 Prozent ihres Fleisches an regionale Metzger und Schlachthöfe. "Wir sind noch auf der Suche nach weiteren Metzgern, die unsere Philosophie teilen." Mit dem Standard, den jeder Landwirt produzieren könne, werde es schwierig, sich am Markt zu behaupten, meint der Junior. "Wir wollen uns von der Masse abheben."
EXTRA Landwirtschaft in Zahlen

"Stroh macht Schweine froh" - Rittersdorfer Bauern haben die Betonspalten-Haltung abgeschafft
Foto: Christian Moeris
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Foto: Christian Moeris

Im Eifelkreis Bitburg-Prüm gibt es 1500 Landwirte, davon 1330 mit Tierhaltung. Etwa die Hälfte der 1500 Bauern betreibt die Landwirtschaft jedoch nur im Nebenerwerb und geht daneben noch einem anderen Beruf nach. Der Großteil, 1021 Bauern, sind Rinderhalter, davon 640 Milchbauern. Daneben gibt es 242 Schweinemast- und Zuchtsauenbetriebe, 145 Legehennenbetriebe, 100 Schaf- und 29 Ziegenhalter sowie 166 Pferdehöfe. 2300 Erwerbstätige arbeiten im Eifelkreis in der Landwirtschaft. 54 Prozent der Kreisfläche, mehr als 87.000 Hektar, werden landwirtschaftlich genutzt.
Anzahl der Tiere: Im Eifelkreis (96.500 Einwohner) gibt es 98.160 Rinder, davon 41.400 Milchkühe, 65.000 Schweine, 51.000 Legehennen, 6500 Schafe, 615 Ziegen und knapp 1000 Pferde.
Quelle: Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Eifel

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