"Triple P" kontra "Super Nanny"

ROMMERSHEIM. Spucken, kratzen, schreien, toben – Kinder lassen Eltern manchmal an ihren Erziehungsmethoden zweifeln. Doch "Super Nanny" wäre wahrscheinlich arbeitslos, wenn sich Eltern nach dem Erziehungsprogramm "Triple-P" richten würden. Dieser Meinung ist jedenfalls Triple-P-Trainer Johannes Eiswirth.

Erziehungs-Fernsehen ist in. Die "Super Nanny" gibt Erziehungs-Tipps in vertrackten Situationen, zeigt Fehler auf, blamiert die Eltern und bestätigt kinderlose Singles darin, dass es wirklich nicht erstrebenswert ist, "kleine Monster" in die Welt zu setzen. Gegen Erziehungssendungen im Allgemeinen hat Johannes Eiswirth (43), Pastoralreferent aus Rommersheim und lizensierter Triple P-Trainer (siehe Hintergrund), nichts einzuwenden. An der auf RTL ausgestrahlten "Super Nanny" hat er allerdings einiges auszusetzen. Forderungen positiv formulieren

"Es ist mir schwer gefallen, bis zum Ende durchzuhalten", sagt Johannes Eiswirth auf die Frage, ob er schon mal "Super Nanny" gesehen habe. Während die "Super Nanny" zu der jeweiligen Familie geht, besucht Eiswirth nie die Familien. "Triple P geht stark auf die Selbstregulation der Eltern ein", erklärt er. Während die "Super Nanny" den Eltern sagt, was sie machen sollen, fragt ein Triple-P-Trainer die Eltern, was sie tun können, um das Problem zu ändern. "Dadurch lernen die Eltern, solche Situationen selbst in den Blick zu nehmen", sagt Eiswirth. Aufgefallen sei ihm auch, dass die Super Nanny negativ formuliert. Stellt ein Kind zum Beispiel seinen Schulranzen im Flur ab, sagt Super Nanny: "Stell den Ranzen nicht im Flur ab." Laut Triple-P sollen Forderungen positiv formuliert werden, also: "Stell den Ranzen neben den Schreibtisch ab." Generell sollen Regeln, an die sich alle Familienmitglieder zu halten haben, auch gemeinsam besprochen werden, rät der Experte. Regeln sollen nicht von außen, etwa durch eine "Super Nanny", in die Familie reingetragen werden. Doch nicht nur "Super Nanny" steht in der Kritik. Auch das Erziehungsprogramm Triple P ist nicht unumstritten. Der Kinderschutzbund kritisiert unter anderem den "stillen Stuhl", auf den ein Kind bei Fehlverhalten verbannt wird, als Dressurakt. Der Tenor der Broschüren "Kleine Helfer" gehe in Richtung "kochbuchhafter Erziehungsanleitung". Dazu Eiswirth: "Der stille Stuhl wird nicht verhängt. Er wird klar verabredet und nur dann eingesetzt, wenn die Situation zu eskalieren droht. Außerdem wird die Zeit nach Lebensjahr begrenzt. Ein dreijähriges Kind sitzt höchsten eine halbe Minute auf dem Stuhl. Hauptsächlich, um noch mal Luft aus der Situation zu nehmen." Eiswirth ist von Triple P überzeugt. Selbst Eltern von an ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom) leidenen Kindern haben laut Eiswirth gute Erfahrungen mit dem Erziehungsprogramm gemacht. Er schränkt allerdings ein, dass Triple P sicher nicht immer das Allheilmittel schlechthin sei. Bei Triple P werden den Kindern klare Grenzen gesetzt. Eltern sollen in die Lage versetzt werden, dauerhaft auch ohne Trainer zurecht zu kommen. Das sei auch ein Gegensatz zur Super Nanny. Dort sei nach deren Abzug damit zu rechnen, dass die aufgezwungenen Regeln nicht mehr lange eingehalten würden, glaubt der 43-Jährige Familienvater. Aus seiner Erfahrung heraus stellt Eiswirth fest, dass manche Eltern wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen. Es werde weniger geschmust, vorgelesen oder miteinander gesprochen. In ihrem Erziehungsstil seien manche Eltern oft sehr inkonsequent, ließen auch mal gerne was durchgehen. Außerdem habe er den Eindruck, dass manche Eltern viel zu viel von ihren Kindern erwarten: "Ein Dreijähriger ist nicht in der Lage, sein Zimmer alleine aufzuräumen." Erziehen nach dem gesunden Menschenverstand oder aus dem Bauch heraus - dass hält der Triple-P-Trainer für nicht ausreichend: "Die Wenigsten haben eine klare Vorstellung von Erziehung. Sie erziehen nach einem Muster, das sie selbst erfahren haben." Wer bewusst erziehen möchte, sollte sich über entsprechende Fachliteratur oder Vorträge informieren, rät Eiswirth.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort