Typisch für Speicher: rot flambierte Artikel

SPEICHER. Einen kulturhistorischen Leckerbissen präsentieren die Ortsgemeinde und das Heimatmuseum Speicher: Die Ausstellung "Römische Meile II in Speicher" gilt als einmalig in der Region und in der langen Zusammenarbeit von Rheinischem Landesmuseum (RLM) Trier und Heimatmuseum Speicher.

"Bewahrung historischen Volks- und Kulturgutes und der Tradition" - Museumsleiter Werner Streit zitiert den Leitspruch, den man sich in Speicher auf die Fahnen geschrieben hat. Dabei spielt die Römerzeit eine dominierende Rolle. So stehen das römische Töpferhandwerk und die breite Palette seiner Erzeugnisse im Mittelpunkt der Schau "Römische Meile II". Erstmals hat das Rheinische Landesmuseum Trier mit einem Regionalmuseum vertraglich eine rund 350 Exponate umfassende Dauerleihgabe vereinbart - ein partnerschaftlicher Vertrauensbeweis und Indiz für die kulturhistorische Kompetenz des Speicherer Heimatmuseums. "Das war nicht immer so", erinnert sich Werner Streit. Lange Zeit sei er mit dem Wunsch nach Leihgaben auf Granit gestoßen. Nach dem (verständlichen) Motto "Bergen und Erhalten" habe das Landesmuseum "wie die Glucke auf den Eiern" gesessen. Dass es zu der jetzigen Regelung kam, sei vor allem der Unterstützung von Karin Goethert und Hans-Peter Kuhnen zu verdanken. 34 Behälter mit antiker Töpferei hätten daraufhin den Weg nach Speicher gefunden, begleitet von vielen "Müttern der Porzellankisten". Laut Werner Streit stammen die meisten der Exponate aus Fundstätten, die im Herbst 1944 entdeckt wurden, als sich Einheiten der deutschen Wehrmacht auf römischem Ruinengelände verschanzt hatten. 1950 veranlasste das RLM an mehr als 20 Stellen umfangreiche Ausgrabungen - mit großem Erfolg. Das Konzept der Ausstellung "Römische Meile II" stammt vom Trierer Archäologen Bernd Bienert. Er war es, der das Fundmaterial innerhalb von drei Jahren aufgearbeitet hat.190 Jahre geforscht, aber wenig veröffentlicht

Ausgehend vom Rohstoff Ton über die Fertigung bis zur Verwendung und zum Vertrieb der breit gefächerten Produktpalette erfährt der Ausstellungsbesucher nahezu alles über den antiken Wirtschaftsfaktor Keramik. "Die Töpferei im Raum Speicher ist seit etwa 190 Jahren Gegenstand archäologischer Forschungen, aber es wurde bisher relativ wenig publiziert", erklärt Bernd Bienert, "in Speicher ist vorwiegend Haushaltskeramik hergestellt worden. Heute würde man das als Massenproduktion bezeichnen." Akribisch hat der Wissenschaftler den Weg der in Speicher hergestellten Ware verfolgt. Bienert: "Das Absatzgebiet umfasste neben dem Raum Trier Südbayern und Luxemburg. Am Rhein ging es bis Andernach und Worms". Ausgesprochene Exportschlager seien Reibschüsseln, Kochtöpfe und Platten gewesen. Auch bestimmte Krüge und Sortimente von Krugoberteilen hätten sich als ‚Renner' erwiesen. Modisch habe sich die Produktion größtenteils am römischen Geschmack orientiert, aber der keltische Stil sei keineswegs ‚out' gewesen. Auf die Frage, wie er den Weg der Ware verfolgt habe, erklärt Bienert: "Typisch für die Speicherer Produktion sind einige bestimmte Formen und auffallend rot flambierte Artikel". Zudem habe es damals bereits durch Namensstempel gekennzeichnete "Markenware" gegeben. Doch auch eine Ausstellung - und sei sie noch so schön - hat ihren Preis. War die wesentlich kleinere "Römische Meile I" noch aus dem Verkauf von Werner Streits Heimatbuch "Kreuze am Weg" zu finanzieren, ist es schwieriger, die Kosten der Fortsetzung zu stemmen. "Die Ausstellung ist für Speicher zweifellos eine Attraktion", sagt Ortsbürgermeister Erhard Hirschberg, "deshalb haben wir uns für eine finanzielle Unterstützung durch die Verbandsgemeinde stark gemacht." Er dankt auch den vielen privaten Gönnern, die mit teils erheblichen Spenden zum Gelingen beigetragen hätten. Für die Besucher gibt es neben Salzbrezeln Viez in römischen Faltenbechern. Diese sind originalgetreue Nachbildungen der Funde von 1950. Der Startschuss für die Schau "Römische Meile II" fällt am 29. August, 14 Uhr, bei einem Festakt im Rathaussaal.

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