Über den Dächern von Bitburgs: Unterwegs mit Bezirksschornsteinfeger Bernd Fuchsen

Bitburg · Keine Angst vorm Schwarzen Mann. Egal wo Schornsteinfeger Bernd Fuchsen hingeht, er ist in Bitburg gern gesehen. Seit 30 Jahren übt er das uralte Handwerk aus. Der TV hat ihn auf seiner Tour begleitet.

 Schornsteinfeger Fuchsen ueber den Daechern von Bitburg. TV-Foto: Klaus Kimmling

Schornsteinfeger Fuchsen ueber den Daechern von Bitburg. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling

Bitburg. Elke Keilen ist ganz aus dem Häuschen. Aufgeregt läuft sie hin und her. Kann ihr Glück kaum fassen. Begeistert mustert sie den Zylinder und den Goldknopf-Zweireiher des Mannes vor ihr. Im Film sind schwarzgekleidete Gestalten normalerweise die Bösewichte. Doch nicht hier. Zögerlich streckt sie ihre Hand aus. Dann berührt sie ganz vorsichtig die Schulter von Bernd Fuchsen. "Einen schöneren Geburtstag hätte ich mir gar nicht wünschen können", sagt sie. "Nun werde ich bis an mein Lebensende Glück haben."
Bernd Fuchsen ist 45 Jahre alt und seit 30 Jahren Schornsteinfeger. Er ist diese Reaktion gewöhnt und freut sich jedes Mal darüber. "Hände schütteln, angefasst werden, mit den Leuten plaudern - das gehört zu meinem Beruf einfach dazu", sagt er. "In unserer Kluft gelten wir nun einmal als Glücksbringer."Erklärungen ohne Fachinesisch


Dabei sind die Männer und Frauen in Schwarz viel mehr als das: Sie sind Experten, wenn es um Energie, Sicherheit und Umwelt geht. Fuchsen weiß, dass die Anforderungen an den Beruf hoch sind und es schwierig ist, den Menschen die Sachverhalte ohne viel Fachchinesisch zu erklären. Das braucht Zeit. Zeit, die er sich gerne für seine Kunden nimmt.
So klärt er sie über technisch minderwertige Heizungen auf. Oder erzählt, dass das giftige Gas Kohlenmonoxid in die Wohnung strömen kann, wenn Öfen und Dunstabzugshauben nicht fachgerecht an den Kamin angeschlossen sind.
"Kohlenmonoxid ist so heimtückisch, weil man es weder riechen, noch sehen oder schmecken kann", warnt Fuchsen. "Ich möchte den Leuten keine Angst machen, aber es ist meine Aufgabe sie darüber zu informieren." Wegen der strengen Vorgaben in Deutschland sei die Zahl der Unfälle mit Todesfolge zwar gering. Aber vereinzelt könne es zu tödlichen Vorfällen kommen.
Seit 2013 ist er Bezirksschornsteinfeger von Bitburg (siehe Extra) und kümmert sich innerhalb der Stadt um 2800 Haushalte. Heute unter anderem um den Schornstein von Elke Keilen. Doch nicht Fuchsen klettert auf das Dach. Er lässt seinen Auszubildenden Kai Schmitt hinaufkraxeln. Kein Problem für den 18-Jährigen, der sich im zweiten Lehrjahr befindet: Mit ein paar Handgriffen ist die Teleskopleiter ausgefahren und fixiert. Dann geht es nach oben. Flink bahnt sich Kai seinen Weg zum Schornstein, rollt eine zirka 15 Meter lange Leine aus und lässt das daran befestigte Kehrgerät - eine gusseiserne Kugel und eine sternförmige Eisenbürste - verschwinden. Am Zug des Seils spürt er, wo der Schlot frei ist und wo er kratzen muss.Geburtstagskind feiert in Ruhe


Nach ein paar Minuten ist alles vorbei und Kai wieder unten. "Normalerweise würde es an dieser Stelle zur Rußentnahme und Messung in den Keller gehen", erklärt Fuchsen. Denn seine Arbeit beschränkt sich nicht nur auf das Säubern der Schlote. Die Hauptarbeit besteht aus Messungen und Überprüfungen - und die werden zum Großteil im Haus durchgeführt. Doch Fuchsen will das Geburtstagskind in Ruhe feiern lassen und verspricht ihr an einem anderen Tag vorbeizukommen. Somit geht es direkt weiter zum nächsten Kunden: Der Bitburger Braugruppe.
Dort ist der Vater eines sechsjährigen Sohnes für die Kesselanlagen zuständig. "Es ist die größte Anlage, die ich betreue", sagt er. "Ich kümmere mich aber nur um das Gebäude im Norden Bitburgs. Für die Süd-Anlage ist der Tüv verantwortlich." Der Mann mit dem Zylinder steht vor dem Gebäude im Görenweg und schaut an der 250 Meter hohen Schornsteinanlage entlang. Eine schwindelerregende Höhe bei der starke Nerven gefragt sind. Doch sein Blick führt in die Irre. Der Weg führt nämlich nicht auf das Dach, sondern in den Keller der Brauerei. In dem warmen Raum mit der trockenen Luft greift der Familienvater in seinen Koffer und holt eine Art Mini-Computer heraus, dem er seinen Auszubildenden in die Hand drückt. Kai steckt die Sonde durch eine Öffnung in das Abluftrohr und liest die Zahlen auf der digitalen Anzeige ab. "Damit überprüfen wir die Abgase", erklärt Fuchsen. Die Messung dauert keine fünf Minuten. Das Aufkleben des Siegels nur drei Sekunden. "Messungen sind schnell gemacht", sagt er gelassen. Fuchsen, der aus einer Schornsteinfeger-Familie stammt, wusste früh, dass er seinem Vater und seinen Brüdern nacheifern würde. Die Arbeit erfüllt ihn.
Doch den 45-Jährigen graust es am Ende des Tages in sein Büro zurückzukehren. "Nun kommt der unangenehme Teil meiner Arbeit", brummt der Mann, der eigentlich gerne lacht. "Der Bürokratie-Kram." Berichte schreiben, Protokolle abheften, Rechnungen ausstellen: Eine Arbeit, die vom Zeitaufwand nicht zu unterschätzen ist. "Ich habe meine Frau Anja, die mir bei der Büroarbeit hilft", sagt er und lächelt. "Da ist das Übel nicht mehr ganz so groß." Manchmal haben eben auch mal ein Schornsteinfeger Glück.Extra

 Bei der Wartung einer Heizungsanlage trifft Tradition auf moderne Computertechnik, erklärt Bernd Fuchs seinem Auszubildenen Kai Schmitt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bei der Wartung einer Heizungsanlage trifft Tradition auf moderne Computertechnik, erklärt Bernd Fuchs seinem Auszubildenen Kai Schmitt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling
 Die Hauptarbeit eines Schornsteinfegers liegt nicht etwa auf dem Dach, sondern besteht aus Messungen und Überprüfungen im Keller. TV-Foto: Klaus Kimmling

Die Hauptarbeit eines Schornsteinfegers liegt nicht etwa auf dem Dach, sondern besteht aus Messungen und Überprüfungen im Keller. TV-Foto: Klaus Kimmling

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 Kai Schmitt überprüft die Kesselanlage der Bitburger Braugruppe.

Kai Schmitt überprüft die Kesselanlage der Bitburger Braugruppe.

Foto: Klaus Kimmling
 Und tschüss: Bernd Fuchs taucht zur nächsten Arbeitsstelle ab. In Bitburg kümmert er sich um insgesamt 2800 Haushalte. TV-Foto: Klaus Kimmling

Und tschüss: Bernd Fuchs taucht zur nächsten Arbeitsstelle ab. In Bitburg kümmert er sich um insgesamt 2800 Haushalte. TV-Foto: Klaus Kimmling

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14 Millionen Gebäude in Deutschland verfügen über einen Kamin oder Ofen. Damit die nicht in Rauch und Flammen aufgehen, müssen alle Feuerstätten abgenommen und regelmäßig gereinigt und überprüft werden. Diese Aufgabe durfte bis Anfang 2013 nur der Bezirksschornsteinfegermeister ausführen. Deutschlandweit gibt es insgesamt 7800 von ihnen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ihnen niemand ihren Kehrbezirk streitig machen. Jeder Hausbesitzer im Bezirk musste die Dienste des Bezirksschornsteinfegermeister in Anspruch nehmen. Doch nachdem die Europäische Union das sogenannte Kehrmonopol, das 1935 in Deutschland eingeführt wurde, aufgehoben hat, hat sich einiges für die Bezirksschornsteinfegermeister geändert. Haus- und Wohnungseigentümer haben seit dem 1. Januar 2013 die Möglichkeit Preise zu vergleichen und sich einen Schornsteinfeger ihres Vertrauens auszusuchen. Wird ein Schornsteinfeger beauftragt, übernimmt er bestimmte Tätigkeiten wie Überprüfungs-, Kehr- und Messarbeiten. Die Abnahme von neu errichteten Feuerstätten und Schornsteinen, das Führen und Verwalten eines Kehrbuches mit dem Verzeichnis aller Feuerstätten und das Ausstellen eines Feuerstättenbescheids, in welchem alle in dem jeweiligen Haus vorgeschriebenen Überprüfungs-, Kehr- und Messarbeiten aufgeführt werden, ist aber weiterhin fest in der Hand des für den Bezirk zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeisters. Nachdem der Hauseigentümer dann denn Feuerstättenbescheid erhalten hat, ist er verpflichtet die Arbeiten fristgerecht durchführen zu lassen. Bundesweit sind rund 20 000 Männer und Frauen im Schornsteinfegerhandwerk tätig. Den Beruf des Schornsteinfegers gibt es übrigens schon seit dem 16. Jahrundert. Ausgelöst durch Stadtbrände entstanden die ersten Brand- beziehungsweise Feuerordnungen. mmp

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