Und ab heut' wird getanzt, Kalinka!

Ein gut gelaunter kasachischer Botschafter warb bei der offiziellen Eröffnung des Folklore-Festivals vor 350 geladenen Gästen für sein Heimatland, das zwischen Russland, China und dem Kaspischen Meer mitten in Zentralasien liegt. Unterstützt wurde er dabei von einem hochkarätigen Ensemble aus seiner Heimat, dem die Zuschauer am Ende stehend applaudierten.

Bitburg. "Sie wissen ja, was der Tourismus für die Eifel bedeutet. Und so ist das auch bei uns", sagte Kairat Sarybay, Botschafter der Republik Kasachstan, bei der offiziellen Eröffnung des 43. Europäischen Folklore-Festivals in Bitburg im Haus Beda. Das neuntgrößte Land der Erde besteht zu 70 Prozent aus Steppe und Wüste. Dennoch bietet das rohstoffreiche Land, das schon als "zukünftige Tankstelle Europas" gehandelt wird, Urlaubern zahlreiche Möglichkeiten - von Natur- über Bildungsreisen bis zu Jagd- und Reiterurlauben. Doch ging's dem Botschafter bei Weitem nicht nur darum, Touristen zu werben - obgleich die faszinierenden Bilder aus seiner Heimat, die während seines Vortrags auf eine Leinwand projiziert wurden, schon Appetit darauf machten. Für Sarybay zählte vor allem die Idee der Völkerverständigung, die auch Herzstück des Folklore-Festivals ist. 130 Nationalitäten und ethnische Gruppen leben in Kasachstan. "Deshalb ist gegenseitige Toleranz und der Dialog der Kulturen für uns genauso relevant wie für Bitburg, das sich nach seiner wechselvollen Geschichte unter luxemburgischer, spanischer, französischer und anderen Herrschaften völlig zu Recht als Zentrum der europäischen Völkerverständigung verstehen darf", sagte Sarybay. Auch Kasachstan hat bewegte Zeiten hinter sich: Im 13. Jahrhundert von den Mongolen Dschingis Khans überrollt, gehörte es im 18. Jahrhundert dem russischen Zarenreich an, war von 1919 an Teil der Sowjetunion und ist seit 1991 unabhängige Republik. Herrschafts-Epochen verschiedener Nationalitäten sind aber nicht das Einzige, das die beiden sonst so verschiedenen Landstriche miteinander verbindet. "Wir haben den gleichen exzellenten Biergeschmack wie Sie. Dass wir unser Bit noch nicht selber brauen können, lässt sich sicher bei unserem heutigen Besuch ändern", sagte Sarybay in Richtung der Vertreter der Bitburger Brauerei, die als einer der Hauptsponsoren ebenso zu den geladenen Gästen zählten wie die Vertreter der Kreissparkasse und der Volksbank sowie zahlreiche Kommunal- und Landtagspolitiker. Keine Frage, solche Bekenntnisse wecken Sympathie, und so entfuhr es einem der Gäste beim Anblick einiger älterer kasachischer Dorfbewohner, die auf einem der an die Wand projizierten Bilder zu sehen waren: "Das sind richtige Charakterköpfe, wie die Eifeler."Kasachisches Feuer kehrt ein in "Preußens Sibirien"

Aber Botschafter Sarybay nutzte die Gelegenheit auch für ernstere Töne: Er bedauerte die Aralsee-Tragik (der Salzsee droht auszutrocknen) und sprach auch die 470 Atomtests an, für die die Weite des Landes bis 1989 missbraucht wurde. Doch vor allem ging es ihm um Kooperation: Er regte eine Partnerstädte-Verbindung an und verwies auf 1500 deutsche Firmen, die bereits mit Kasachstan regelmäßige Handelsbeziehungen unterhalten. Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit bot dem Botschafter scherzhaft den Einstieg in die Flugplatz Bitburg GmbH an, und so wurde im weiteren Verlauf des feucht-fröhlichen Abends bereits über eine kasachisch-eiflerische Fluglinie spekuliert.Das Feuer durch die westsibirische Steppe galoppierender Reiterhorden setzte das Folklore-Ensemble "Ak Orda" tänzerisch und musikalisch in Szene. In prachtvollen Kostümen rissen sie ihr Publikum mit viel Schwung und Hingabe zu Zugabenforderungen und begeistertem Applaus hin. Fazit: Aus Fremden wurden Freunde, die gemeinsam feiern, und ab heute wird getanzt, Kalinka! Mehr zum Festival auf Seite 10

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