"Uns geht’s um die Gerechtigkeit"

ORENHOFEN. Eine Straße sorgt für Ärger. Der Ausbau der Kapellenstraße in Orenhofen erregt die Gemüter, da Anwohner der Stichstraßen nachträglich an den Ausbaukosten beteiligt werden. Die Anlieger wollen sich das jedoch nicht gefallen lassen.

Neue Bürgersteige, neue Laternen und Blumenbeete, die in die Straße hineinragen und neben einem schönen Straßenbild auch die Autofahrer am Rasen hindern sollen. Die Kapellenstraße in Orenhofen ist 1998 ausgebaut worden. Herausgekommen ist eine ansehnliche Straße. Doch seit einigen Jahren sorgt eben dieser Ausbau für Ärger. Denn die Kapellenstraße besteht nicht nur aus dem Hauptzug, sondern noch aus zwei Stichstraßen, die an den Enden der Straße rechtwinklig abgehen. Diese beiden Stichstraßen sollen nachträglich an den Kosten beteiligt werden. "Donnerstags stand es plötzlich im Amtsblatt. Ich dachte, ich lese nicht richtig", erinnert sich Anwohner Manfred Meiers. Das war im Oktober 2004. Eine Woche später hatten die Anwohner die Zahlungsbescheide im Briefkasten. Und die reichten von etwa 2000 bis 12 000 Euro - insgesamt rund 50 000 Euro. Das Kuriose an der Geschichte: Die Anwohner der "eigentlichen" Kapellenstraße hatten ihre Beiträge bereits gezahlt und bekamen unverhofft die zuviel gezahlten Beiträge zurück. Die Anwohner der Stichstraßen fühlten sich ungerecht behandelt, denn vor dem Ausbau wurde ihnen versichert, dass sie sich an den Kosten nicht beteiligen müssten, da es laut Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1996 eine Abschnittsbildung gibt und die Stichstraßen dabei ausgeklammert wurden. Da ein mittlerweile verstorbener Anwohner gegen eine ungültige Formulierung in der Satzung geklagt hatte, kam ein Jahre langer Rechtsstreit ins Rollen. Im Jahr 2000 wurde daher die Satzung der Ortsgemeinde Orenhofen rückwirkend geändert. "Man kann doch nicht einfach rückwirkend Satzungen ändern. Uns geht es darum, diese Ungerechtigkeit anzumahmen", betont Katharina Fey und spricht für die Anwohner der beiden Stichstraßen. Während die Anwohner des Hauptzugs in die Planungen des Ausbaus miteinbezogen worden seien und sie sich mehrheitlich für die teurere Variante mit den Blumenbeeten entschieden hätten, hätten die Stichstraßen-Anwohner kein Mitspracherecht gehabt. "Wir hätten dieser Prachtstraße niemals zugestimmt", sagt Anwohner Meiers. Das sieht Herbert Pesch von der VG Speicher ganz anders: "Das ist eine Behauptung, die nicht stimmt. Die Blumenbeete sind doch nur Peanuts." Die hätten nur unwesentlich Mehrkosten verursacht. Gegen die Zahlungsbescheide erhoben die Anwohner der Stichstraßen Einspruch. Ihre Begründung: Sie hätten von ihren Grundstücken keine Zufahrt und keinen direkten Zugang zu dem ausgebauten Teil der Kapellenstraße. Zudem sei die neu gestaltete Straße eine selbstständige Verkehrsanlage, da sie verkehrsberuhigt ausgebaut wurde. Diese Rechtsauffassung wurde im August vergangenen Jahres vom Kreisrechtsausschuss bestätigt. Zudem stellte der fest, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Bescheide außerhalb der Frist von vier Jahren festgesetzt worden seien. Der Rechtsstreit geht weiter

Diese Vorwürfe wollte die Verbandsgemeinde Speicher nicht auf sich sitzen lassen. Der Rechtsstreit "Kapellenstraße" wurde auf einer weiteren Bühne ausgefochten - vor dem Verwaltungsgericht in Trier. Dort gab man im Februar dieses Jahres der VG-Verwaltung in allen Punkten Recht. Die pocht nun darauf, dass sie ihre Beiträge auch bekommt. "Aber wir sind keine Unmenschen", versichert VG-Bürgermeister Becker. "Mit Stundungen über längere Zeiträume - natürlich verzinst - werden wir großzügig sein." Mit diesem Urteil des Verwaltungsgericht scheint der Rechtsstreit jedoch immer noch nicht beendet zu sein. Die Anwohner der Stichstraßen wollen dagegen in Berufung gehen. Denn nach wie vor sind sie der Meinung: "Das ist einfach ungerecht. Wir brauchen diese Straße gar nicht." Dieser Behauptung widerspricht VG-Bürgermeister Becker entschieden: "Die Leute brauchen diese Straße sehr wohl, um in ihren Straßenteil zu gelangen. Daher war unsere Entscheidung richtig und gerecht." Und wenn die Stichstraßen, die in den 1980er Jahren erschlossen wurden, in einigen Jahren neu ausgebaut werden sollten, würden auch die Anwohner des Hauptzugs zur Kasse gebeten.

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