Viele Auflagen, wenige Einnahmen

RINGHUSCHEID. Eine 100-jährige Tradition geht zu Ende: Ausgerechnet im Jubiläumsjahr schließen Matthias und Ottilie Töx die Pforten ihre Lebensmittelgeschäftes endgültig.

"Tilla, stellst Du mir noch ein Paket Nudeln raus - ich hole es später ab" - so oder ähnlich heißt es oft im Laden. Ottilie, genannt "Tilla" und ihr Mann Matthias Töx betreiben seit 30 Jahren in Ringhuscheid ein Lebensmittelgeschäft. "Sie sind immer sehr freundlich und überaus hilfsbereit", beschreibt Krautscheids Bürgermeister Ralf Leonardy die Geschäftsleute. Auch samstags konnte noch das fehlende Pfund Mehl in Ringhuscheid gekauft werden. Selbst sonntags nach der Messe war der Laden für ein paar Stunden auf. Am Monatsende ist für immer Schluss

Aber mit dem "Rund-um-die-Uhr-Service" ist nun Schluss. Ottilie und Matthias Töx schließen am 31. Dezember endgültig. "Der Laden wirft nichts mehr ab. Drogeriemärkte, Lebensmittelketten, die Mobilität der Bürger und immer neue behördliche Auflagen zwingen uns zur Aufgabe." Darin sind sich die Eheleute, die das Rentenalter schon seit einigen Jahren erreicht haben, einig. Allerdings graut ihnen bereits vor dem "Danach". "Wir kennen es nicht anders, als von morgens bis abends im Geschäft zu arbeiten, und das haben wir immer gerne getan", sagt Ottilie Töx, und ihr Mann bestätigt mit kräftigem Kopfnicken. "Durch diese Arbeit war zwangsläufig der Kontakt zur Bevölkerung da. Und der wird uns fehlen", fügt Matthias Töx nachdenklich hinzu. Bereits seit Oktober wird der Bestand ausverkauft. Dazu gehören nicht nur Lebensmittel, sondern auch Textilien, Bürobedarf und Haushaltswaren. Bereits seit vielen Jahren zeichnet sich der Trend zum Einkauf "auf der grünen Wiese" ab. Mit viel Unternehmergeist haben die beiden Geschäftsleute dieser Entwicklung getrotzt. Doch nun ist Schluss - und damit geht eine 100-jährige Tradition in Ringhuscheid zu Ende. Denn bereits in der dritten Generation besteht das Geschäft. Gründer war 1905 Johann Pauly, der an seinen Schwiegersohn Ignaz Töx übergab, bevor dessen Sohn Matthias vor 50 Jahren in die Fußstapfen seines Vaters trat. Auch heute noch wird im Volksmund "bei Paulys" eingekauft. An der Wand im kleinen Büro neben dem Laden hängt eine alte Polizeiverordnung, datiert auf den 4. November 1905. "Die Zeiten haben sich geändert", sagt "Tilla" bedauernd und erinnert sich an die Anfänge nach der Trauung mit Matthias. "Damals gab es noch Heringe, Sirup, Mehl und Zucker aus dem Fass und loses Sauerkraut, Hefe wurde von einem großen Stück abgebrochen. Heute sind die behördlichen Auflagen derart hoch, dass man noch nicht einmal mehr den Ehering tragen darf", erklärt die Geschäftsfrau. "Der Kaufladen war immer ein wichtiger Bestandteil im Dorfleben", sinniert Ralf Leonardy und erinnert sich, dass er als Kind bei "Paulys" Bonbons kaufte. Nicht nur er - knapp 1000 Einwohner aus Ringhuscheid und Umgebung haben viele Erinnerungen bei "Paulys".

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