Vom Fleischer zum Leiter

BITBURG. Vom Lehrling des Fleischerhandwerks zum Leiter einer großen Berufsbildenden Schule ist es ein weiter Weg – nicht eben geradeaus. Friedrich Probson ist ihn gegangen.

"Ich habe keine Fleischer mehr", sagt Friedrich Probson bedauernd. Deshalb musste er auch ein wenig schlucken, ehe er entschied, sich auf die Stelle zu bewerben. Noch nie hatte ihn in der bisherigen Laufbahn etwas vom Handwerk seiner Väter entfernen können - bis zum 11. Oktober 2005. An diesem Tag wurde er dem Kollegium der Berufsbildenden Theobald-Simon-Schule als neuer Schulleiter vorgestellt. Fleischer werden dort nicht ausgebildet - der einzige Wermutstropfen im neuen Amt. Das weitläufige, mit PVC ausgelegte Büro verströmt den Charme einer Amtsstube der 70er-Jahre. Probson hat sich einen roten Teppich und drei Bilder mitgebracht. Mit seiner Frau geht der Kunstliebhaber gerne zu Ausstellungen und ins Theater. Diese musische Seite hat er erst durch sie entdeckt. "Vorher war ich eher technokratisch", sagt er. Wie jemand vom Fleischergesellen zum obersten Hirten von etwa 1400 Berufsschülern und 70 Lehrern wird, ist eine erwartungsgemäß verworrene Geschichte. Gekennzeichnet ist sie nur von einer Konstante: dem Fleischerhandwerk. 1949 in Trier geboren, brach er das Gymnasium ab, um beim Vater in die Fleischerlehre zu gehen. 1972 legte er die Meisterprüfung ab. "Danach begann ein klassischer zweiter Bildungsweg", sagt Probson. Er besuchte die Berufsbildende Schule Wittlich. "Damals hätte ich nie gedacht, dass ich mal hier landen würde", erinnert er sich genüsslich in seinem neuen Büro sitzend und muss schmunzeln. Bereits in den 60ern hatte es ihn öfter nach Wittlich verschlagen: als Bassist einer Rock-Band. "Das war die Soul-Zeit", sagt er. In Lemgo/Lippe studierte er Lebensmitteltechnik. Eine Fleischwarenfabrik stellte ihn als Assistent der Produktionsleitung ein. "Und dann wurden in Hessen Lehrer für Berufsschulen gesucht", sagt er, und weil ihm die Arbeit mit den Azubis immer Spaß gemacht hatte, nahm seine Laufbahn eine neue Wendung. Kurz entschlossen ging er 1980 nach Darmstadt und studierte erneut, diesmal Lehramt für Berufsbildende Schulen. Er wählte die Fächer Nahrungstechnologie und Sozialkunde. Eine Frankfurter Schule übernahm ihn 1983. "In einer so großen Stadt gibt es viele Fleischer", stellte er zufrieden fest und unterrichtete hauptsächlich sein Lieblingsfach. Weil er wieder in die Heimat wollte, bewarb er sich 1998 bei der Berufsbildenden Schule Bernkastel-Kues um eine leitende Stelle. Es klappte. Seitdem lebt er mit seiner Familie in Trier. In seiner Freizeit geht er gerne Wandern, Walken oder fährt Rad - als Ausgleich für die viele Zeit am Schreibtisch. Von Bernkastel-Kues kam er vor kurzem nach Bitburg, an eine klassische "Bündelschule": Die Theobald-Simon-Schule bildet in technischen, kaufmännischen und gewerblichen Berufen aus, in insgesamt 75 Klassen. Probsons pädagogische Ziele lassen sich kurz mit dem Leitsatz: "Mit Kopf, Herz und Hand" ausdrücken. Als Mann der Praxis legt er Wert auf den Kontakt zu Betrieben und Innungen. Als Pädagoge wünscht er sich, vom lehrerzentrierten Unterricht wegzukommen und Schüler zu eigenverantwortlichem Arbeiten zu animieren. Er hofft, dass die Schule möglichst bald an einem Qualifizierungsprogramm zur Unterrichtsentwicklung teilnehmen kann. Die Arbeit seines Vorgängers Hansjürgen Cornelius will der Neue fortsetzten und die zahlreichen europäischen Partnerschaften der Berufsschule pflegen. Ausschließlich mit den Verwaltungsaufgaben eines Schulleiters betraut zu sein, reicht ihm nicht: "Mir ist wichtig, dass ich auch Schüler unterrichten kann", sagt er. Nun lehrt er Mathematik und Sozialkunde. Vom Nahrungsgewerbe muss er sich in Zukunft wohl verabschieden - es sei denn, die Auszubildenden seiner liebsten Zunft kämen doch nach Bitburg.

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