Von Armut und "Nachhaltigkeit"

PRÜM. "Anstiftung zum Optimismus - wie Zukunftsangst den Fortschritt bremst" lautete das Thema des Prümer Neujahrsgesprächs 2005. Referent war der Buch-Autor und frühere Stern-Redakteur Dirk Maxeiner.

Der Beifall der 220 Besucher im Ratssaal an der Tiergartenstraße in Prüm fiel nicht gerade euphorisch aus. Die Hände wollten sich nur verhalten berühren, eher freundlich - eben so, wie man applaudiert, wenn man das kurz zuvor Gehörte noch nicht so recht einzuschätzen vermag oder davon sogar enttäuscht ist. Der Referent habe "nur wenig Euphorie herübergebracht", kritisierte ein Zuhörer am Ende und ergänzte: "Das hat mich nicht weitergebracht." "Ich kann Sie nicht zwingen, sich von mir weiterbringen zu lassen", konterte der Protagonist, und seine Schlagfertigkeit brachte ihm an dieser Stelle sogar ein paar Lacher ein."Auch die Armen werden heute reicher"

In der Tat, Dirk Maxeiner machte es seinen Zuhören am Donnerstag nicht leicht. Zwar hatte er etliche ebenso logische wie passende Beispiele parat, wonach es nicht nötig sei, gleich alles und jedes von Beginn an zu vermaledeien. Doch der Funke wollte nicht so recht aufs Publikum überspringen. Gleichwohl machte der Redner deutlich, dass eine Aussage wie "Früher war alles besser" schlicht falsch sei. Verglichen mit der Armut der Menschen früher stünden heute die Armen dieser Gesellschaft vielfach wesentlich besser da. "Auch die Armen werden heute langsam reicher", sagte Maxeiner. Überhaupt: Nicht die Medien, die ja so oft und so gerne das Transportieren schlechter Nachrichten bevorzugten, seien das Problem. Es seien die Menschen selbst, die nichts Gutes hören wollten, weil sie dadurch ihr Weltbild in Gefahr sähen. Max- einer: "Und diese Denkweise hat sich stark durchgesetzt." Ein weiteres Beispiel, mit der die Ambivalenz des Maxeinerschen Vortrags anhand des Themas Ökologie trefflich beschrieben ist: Da gebe es einen Bürgermeister, der mit Stolz auf das Solardach einer Schule weise und damit naturschützende Fortschrittlichkeit dokumentieren möchte. Gleichzeitig aber fehle es im Inneren der Schulen an allem: an Lehrern und an Lernmaterial. Probleme bereitet Dirk Maxeiner derweil auch der Begriff der Nachhaltigkeit. Der würde vielleicht Sinn machen im Bundeshaushalt, aber dort werde er gemieden, bemerkte der Referent und unterstrich: "Die Natur kennt keine Nachhaltigkeit. Wenn ja, dann würden heute noch die Dinosaurier die Welt dominieren." Das Leben war und werde auch nie nachhaltig sein. Bürgermeister Aloysius Söhngen hatte die Gäste zu Beginn "in der guten Stube" der Verbandsgemeinde begrüßt. Er sprach den Wunsch aus, dass künftig alle politischen Gruppen gemeinsam nach Lösungen für die Probleme der Zeit suchten und es dabei weniger auf die Verunglimpfung des jeweiligen Gegners anlegten. Besonders lobte der Verwaltungschef die hohe Spendenbereitschaft der Bundesbürger für die Flutopfer in Südasien; eine Tatsache, die ihm Mut mache. Denn daraus lasse sich schließen: "Wenn die Menschen ein Ziel haben und eine Aufgabe spüren, packen sie an und sind bereit zum Verzicht." Den musikalischen Rahmen gestalteten Gabriele und Helmut Bleffert aus Winterscheid.

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