Von Augentrost bis Zitronenmelisse

Vielerorts in der Eifel hat sich der Brauch der "Krautwisch-Weihe" gehalten. Dabei werden zu einem Strauß gebundene Kräuter, Getreidearten und Blumen an Mariä Himmelfahrt in der Messe gesegnet. Der TV berichtet, welche Pflanzen in den mundartlich als "Wisch" bezeichneten Strauß gehören.

 Bis zu 99 Kräuter gehören in den Eifeler „Krautwisch“. Dieser wird am 15. August in der Kirche gesegnet und in Haus und Stall auf vielfache Weise verwendet. TV-Foto: Archiv/Joachim Schröder

Bis zu 99 Kräuter gehören in den Eifeler „Krautwisch“. Dieser wird am 15. August in der Kirche gesegnet und in Haus und Stall auf vielfache Weise verwendet. TV-Foto: Archiv/Joachim Schröder

Bitburg/Prüm/Daun. Von A wie Augentrost bis Z wie Zitronenmelisse variiert die Anzahl zwischen sieben und 99 Pflanzen, die in den "Krautwisch" sollen. Für Gläubige handelt es sich um die Pflanzen, die die Heilige Mutter Maria in ihrem Leben liebte und die der Legende nach rings um ihre Grabstätte blühten, als sie in den Himmel fuhr. Am heutigen Freitag ist Mariä Himmelfahrt, und deshalb werden wieder "Krautwische" gesegnet. Heute drücken die Gläubigen mit dem "Krautwisch" vor allem ihre Achtung vor der Schöpfung aus.

"Kamille, Pfefferminze und Getreideähren von Gerste, Roggen, Weizen und Hafer sollten auf alle Fälle mit rein", sagt Gisela Dondelinger, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Dudeldorf. In der Mitte des Straußes thront bevorzugt die Königskerze. Als "Himmelsbrand" trug Maria die krankheitsabwehrende Pflanze nach volkstümlichem Glauben übers Land. Wissenschaftlich belegt ist deren reizlindernde und erleichternde Wirkung bei Husten. Bei Erkältungen helfen auch der Dost oder Wilde Majoran. Aufgrund seines würzig duftenden ätherischen Öls wurden seine Blätter früher auf schweren Eichenmöbeln und -böden als wohlriechendes Bohnerwachs zerrieben. Im Mittelalter als Wohlgemut bekannt, ist er ähnlich stimmungsaufhellend wie Johanniskraut. In der Eifel wurde es bei Gewitter im Herd verbrannt, um Blitzgefahr abzuwenden. Das trug ihm den Namen "Donnerkrout" ein. Das soll den Teufel so verärgert haben, dass er die Blätter mit unzähligen Nadelstichen durchbohrte - tatsächlich hat Johanniskraut "Löcher", wenn man die Blätter gegen das Licht hält, die Öldrüsen. Auf ätherische Öle gehen auch die Heilkräfte von Salbei, Ysop, Schafgarbe und Engelwurz zurück.

Als es noch nicht überall Ärzte gab oder diese für viele Menschen zu teuer waren, halfen Heilkräuter in der Haus-Apotheke. Damit der Gänsebraten am Festtag richtig verdaut wurde, spickte man ihn mit einem Bündel Wermut. Bei leichten Magenbeschwerden vertraute man auf Eisenkraut, das auch bei schwierigen Amtsgängen helfen sollte. Gegen Insektenstiche wurde Spitzwegerichkraut zerrieben, und bei Wurmbefall griff man zu Wurmfarn.

Um die Heilwirkung zu verstärken, wurden in ernsten Fällen ein paar der gesegneten Kräuter aus dem "Krautwisch" beigegeben. Manche Pflanzen waren so gängig, dass sie eigene Namen in Mundart erhielten - etwa "Herrgottsnägelchen" (Odermennig), "Böndeknöpp" (Wiesenknopf) oder "Bätstrieh" (Leinkraut).

"Heute, wo die Kräuter am Wegesrand oder auf den Wiesen immer weniger werden, muss man Kompromisse eingehen", sagt Gisela Dondelinger. Traditionelle "Krautwisch"-Pflanzen wie Kornrade beispielsweise gehören zu den stark gefährdeten Arten. Tausendgüldenkraut ist schützenswert. So finden sich auch immer mehr Gartenblumen wie Dahlien, Phlox und Sonnenblumen im "Krautwisch". Nicht zuletzt hat sich der Blütezeitpunkt vieler Pflanzen verlagert. Margeriten und Baldrian sind zu Mariä Himmelfahrt oft schon verblüht.

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