Von Engeln und anderen Auswanderern

Die Geschichte mit dem falsch zusammengesetzten Weilerbacher Engel hat sich aufgeklärt. Dabei stieß der TV nicht nur auf einen "Retter himmlischer Wesen", sondern auch einen Bewahrer heimatlicher Kontakte zu Auswanderern nach Brasilien.

 „Einmal und nie wieder“ hat Werner Weber den typischen „Chimarroa“ probiert, den die Nachkommen Eisenacher Auswandererfamilien nach Brasilien ihm als Gastgeschenk mitbrachten. TV-Foto: Kathrin Hofmeister

„Einmal und nie wieder“ hat Werner Weber den typischen „Chimarroa“ probiert, den die Nachkommen Eisenacher Auswandererfamilien nach Brasilien ihm als Gastgeschenk mitbrachten. TV-Foto: Kathrin Hofmeister

Eisenach. "Die Fuge aus Zement und die nicht fachmännische Restaurierung habe ich zu verantworten", sagt Werner Weber lachend. Damit reagierte der Eisenacher auf ein TV-Interview zum Skulpturenschmuck von Schloss Weilerbach. Berichtet worden war von einer Standfigur, deren Kopf und Körper von zwei verschiedenen Originalen stammten.

"In den Kriegsjahren hatte die Familie Herkrath die beiden Engel in Stroh eingepackt", erzählt Weber, "und sie vom Schloss Weilerbach zu ihrem tiefer gelegenen Wohnhaus gerollt, um sie vor Zerstörung zu retten." Das kostete eines der himmlischen Wesen wortwörtlich Kopf und Kragen. "Dem anderen haben nicht Amors Pfeile, sondern Soldaten später den Kopf auf ihre Weise entfernt", berichtet der Zeitzeuge. Er blieb verschollen.

Erst als Werner Weber und seine Frau den Garten der Familie Herkrath auf deren Wunsch vor zehn Jahren säuberten, stießen sie beim Umgraben auf einen der Engelköpfe. Kurz entschlossen gab Weber dem Torso mit Flügeln wieder ein Gesicht.

"Die Familie Herkrath war nach ihrer Rückkehr ausgesprochen erfreut, ihren Engel wieder mit einem Kopf zu sehen", erläutert Weber. Und die "Genie" - mit diesem Begriff bezeichneten die Römer ihre Schutzgeister, die den Menschen durch das Leben begleiteten und ihn vor Unheil bewahrten -, an der der restaurierende Künstler die falsche Blickrichtung des Kopfes bemerkt hatte, "schaute sogar in ihre Richtung".

Werner Weber indes blickt in Richtung Lateinamerika. Denn seit rund zehn Jahren beschäftigt er sich mit den Auswanderern seines Heimatortes nach Brasilien. "Alle reden in diesem Jahr über 300 Jahre Auswanderung nach Amerika", meint der Eisenacher, aus dessen Heimatort allein bis 1880 ein Drittel des Dorfes nach Übersee ging. "2009 jährt sich aber auch die Ankunft der ersten Auswanderer nach Brasilien zum 185. Mal."

Was hatte einen Peter Krein 1828 als ersten Eisenacher dazu bewogen, die hunderttägige Reise mit den damals üblichen Segelschiffen nach Mafro zu wagen? "Politische und wirtschaftliche Gründe", sagt Weber. "Meist waren es kleine Bauern und Tagelöhner, die von Anwerbern überredet wurden, sich in Übersee eine neue Existenz aufzubauen."

Heute sind die Nachfahren der Eisenacher Auswandererfamilien wie Zwirtes, Huppes und Krein in Lehrberufen tätig, Staatsanwalt oder Schmuckfabrikant. Zu ihnen unterhält der Daheimgebliebene regen Kontakt. Die Verständigung ist kein Problem. "Die sprechen ja alle noch Platt", freut sich Weber. Da tauchen fast in Vergessenheit geratene Ausdrücke wie "gi ma maijen" für "gehen wir erzählen" wieder auf. Und zu erzählen gibt es viel.

Wer mehr über das Thema "Auswanderer nach Brasilien" erfahren will, kann sich an Werner Weber, Telefon 06506/438, wenden.

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