Von kurzen Beinen und kurzen Wegen

Bitburg-Prüm · Von den 32 Grundschulen im Eifelkreis hat ein Drittel weniger als 60 Schüler. Für Kinder und Eltern sind solche überschaubaren Einrichtungen ein Traum. Und deswegen sehen auch die politisch Verantwortlichen keinen Handlungsbedarf. Zumindest so lange, wie es sich irgendwie vermeiden lässt.

 Damit Kinder nicht so einen weiten Schulweg haben, plädieren viele Eltern und Politiker für die kleinen Schulen im Ort. Foto: dpa

Damit Kinder nicht so einen weiten Schulweg haben, plädieren viele Eltern und Politiker für die kleinen Schulen im Ort. Foto: dpa

Foto: Jens Büttner (e_eifel )

Bitburg-Prüm. Es gibt Redewendungen, die tauchen immer wieder auf. Beim Thema Grundschulen ist das die Redewendung "Kurze Beine - kurze Wege". Klingt vernünftig, ist aber irgendwie auch Quatsch. Denn die meisten Kinder kommen nicht zu Fuß, sondern werden mit dem Bus oder dem Auto zur Grundschule gebracht. Die Länge der Beine spielt da also keine Rolle. Und die Kinder, die zu Fuß gehen, machen das auch nur, wenn die Schule im gleichen Ort ist - was im Eifelkreis lediglich in jeder achten Gemeinde der Fall ist. 32 Grundschulen gibt es im Kreisgebiet, davon drei in Bitburg. Die restlichen 29 verteilen sich auf die 234 übrigen Dörfer und Städte des Eifelkreises. Wobei es natürlich extreme Unterschiede gibt.
Jenseits des Kirchturms


Die mit Abstand größte Einrichtung ist die Bertrada Grundschule Prüm, wo aktuell 322 Kinder unterrichtet werden. Dass die Prümer Einrichtung so groß ist, liegt schlichtweg daran, dass es dort (neben der Förderschule) eben nur eine Grundschule gibt. Zudem verfügt die Bertrada Grundschule über ein recht großes Einzugsgebiet, das - gemessen an Fläche und Einwohnerzahl - locker mit der Verbandsgemeinde Speicher mithalten kann.
Während die VG Speicher mit ihren neun Gemeinden gleich vier Grundschulen hat. Und drei davon, nämlich die in Speicher, Preist und Orenhofen, liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Kürzer können die Wege für kurze Beine kaum sein. Ähnlich ist die Situation auch im Bitburger Land. Die dortige Grundschule in Rittersdorf ist nicht nur die größte der VG, sondern zudem auch die einzige Ganztagsschule. Weshalb die Einrichtung auch Schüler aufnimmt, die außerhalb ihres Einzugsgebiets liegen. Fährt man nun von Rittersdorf auf der L 5 in Richtung Norden, so stößt man nach vier Kilometern auf Bickendorf und nach weiteren fünf Kilometern auf Seffern. Diese beiden Orte haben ebenfalls eine gemeinsame Grundschule.
Mit 58 Kindern und zwei Standorten: In Seffern werden die Erst- und Zweitklässler unterrichtet und in Bickendorf die Dritt- und Viertklässler. Für die Attraktivität der Gemeinden ist eine eigene Schule zweifelsohne ein Plus. Für die kommunalen Haushalte aber eher weniger. Denn die Rechnung ist recht einfach: Je mehr Schulstandorte, desto höher die Kosten für Unterhaltung, energetische Sanierungen oder die Umsetzung von Brandschutzmaßnahmen. So investiert beispielsweise die VG Bitburger Land allein in diesem Jahr laut Haushaltsplan rund eine Million Euro in ihre Grundschulen. Für Rainer Wirtz, hauptamtlicher Beigeordneter der VG, sind gut ausgestattete Grundschulen ein wichtiger Standortfaktor. "Sie tragen maßgeblich zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei", sagt Wirtz.
Zusammenlegung kein Thema


Seitens der Verbandsgemeinde gebe es daher keine Überlegungen zur Schließung oder Zusammenlegung von Grundschulen. "Bei der schulischen Bildung können nicht ausschließlich finanzielle Aspekte eine Rolle spielen", meint auch Manfred Rodens, Bürgermeister der VG Speicher. Zudem stünden an den Standorten Speicher, Preist und Orenhofen in den kommenden Jahren auch keine Investition an. In Speicher aber allein deshalb nicht, weil dort erst vor wenigen Jahren mehr als 1,5 Millionen Euro investiert wurden. Die Schule ist damit brandschutztechnisch und energetisch auf dem neusten Stand. Und sie wäre nach Einschätzung der Verwaltung grundsätzlich groß genug, um zusätzlich zu den derzeit 144 Schülern auch noch die rund 80 Kinder aus Preist und Orenhofen aufzunehmen. Nichtsdestotrotz ist die Zusammenlegung der Grundschulen derzeit aber kein Thema, wie Rodens betont. Für Andreas Kruppert, Bürgermeister der VG Arzfeld, stellt sich die Frage nach einer Zusammenlegung erst gar nicht. Zumindest derzeit noch nicht. Und das, obwohl es in Daleiden genau wie in Lützkampen aufgrund der geringen Schülerzahlen kombinierte Schulklassen gibt.
Weit im Norden


Allein mit Blick auf die Kosten wäre eine Zusammenlegung der beiden Schulen eine Überlegung. Zumal an der Grundschule in Daleiden umfassende Sanierungsarbeiten begonnen haben. Doch die VG Arzfeld hält am Schulstandort Lützkampen fest. Und wer es verstehen will, muss nach dem Blick auf die Kosten auch noch einen auf die Karte werfen. "Lützkampen liegt so weit im Norden, dass wir das anders gar nicht hinbekommen", so Kruppert. Würde die VG den Schulstandort auflösen, so hätte das für die Kinder im Norden der Verbandsgemeinde deutlich längere Schulwege zur Folge. Diese wären dann selbst für lange Beine nicht mehr kurz.
Extra

Paragraf 13: Die Mindestgröße von Grundschulen ist im rheinland-pfälzischen Schulgesetz festgelegt. In Paragraf 13 heißt es dazu: "In der Grundschule muss jede Klassenstufe mindestens eine Klasse umfassen." Ausnahmen seien nur "in besonderen Fällen" möglich oder wenn die Schulen die "Mindestgröße nur vorübergehend nicht erreichen", so der Gesetzgeber. Wo allerdings die Mindestgröße liegt, ist nicht festgelegt. "Schulen wurden bisher fast nur auf Antrag der Schulträger geschlossen. Daher gibt es auch Kleinstschulen, in denen die vier Jahrgänge in nur einer Klasse unterrichtet wurden", teilt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier auf Anfrage mit. Bislang gebe es weder eine zeitliche Begrenzung der Ausnahmeregelung, noch eine Untergrenze der Schülerzahl. uhe

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