"Waffengleichheit" im Wettbewerb

Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Speicher hat am Dienstagabend einstimmig beschlossen, dem Experten-Vorschlag auf Einrichtung einer "Integrierten Gesamtschule" (IGS) zu folgen. In der rund zweieinhalbstündigen Debatte hatten sich Vertreter der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) allerdings skeptisch gezeigt.

Speicher. Nach dem Willen des VG-Rats und des Schulausschusses soll es am Standort Speicher demnächst eine "Integrierte Gesamtschule" geben. Das würde die Möglichkeit bieten, dass die Kinder dort nicht nur den Hauptschulabschluss und die sogenannte Mittlere Reife erreichen könnten, sondern auch das Abitur.Der Bonner Planer Wolf Krämer-Mandeau hatte sich eingangs für diese Variante, welche Schülerströme aus den Bereichen Kyllburg, Trier-Land und Wittlich-Land einschlösse, stark gemacht. Der Realschule Plus erteilte der Experte eine Absage, weil es diese Schulform in Speicher praktisch schon lange gebe. Zudem sei es nicht einfach, bei der Realschule Plus die geforderte Dreizügigkeit zu erhalten.Chance aufs Abitur ist Eltern wichtig

Das attraktivere Angebot sei schlicht die "Integrierte Gesamtschule", weil immer mehr Eltern ihre Kinder an Schulen anmeldeten, in der die Chance auf ein Abitur gegeben sei. Laut Krämer-Mandeau verfügt das Schulzentrum Speicher zudem über hervorragende Fachräume. Eine vierzügige "Integrierte Gesamtschule" sei von den Geburtenzahlen daher "wenn auch nur knapp" realisierbar. Bürgermeister Rudolf Becker (CDU) nahm die Ausführungen Krämer-Mandeaus zustimmend zur Kenntnis. Auch er betonte die Attraktivität einer "Integrierten Gesamtschule". Gleichzeitig forderte er "Waffengleichheit", die mit der Auflösung einer gemeinsamen Orientierungsstufe am Gymnasium Bitburg beispielsweise gegeben sei.Während das Installieren einer "Integrierten Gesamtschule" auch von den Speicherer Schulen befürwortet wird, findet diese Lösung laut Geschäfts bereichleiterin Gisela Mayer-Schlöder zudem in den Gremien des Eifelkreises Anerkennung. Skeptisch äußerten sich indes die ADD-Fachleute Margret Meier und Bernhard Herbrand. Bedenken hinsichtlich der Zahlen

Zwar begrüßten beide die Schulform IGS; allerdings bekundeten sie ihre Bedenken hinsichtlich der vorliegenden Zahlen. Herbrand nannte die IGS-Lösung am Standort Speicher mit einer möglichen Außenstelle in Kyllburg ein "Kunstprodukt". "Ich habe da meine Zweifel, ob das zieht", sagte er.CDU-Fraktionschef Wolfgang Faber hob hervor, dass sich Speicher mit einer IGS einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könne. Auch Gerhard Schneider (SPD) bezeichnete diese Lösung als Chance. Ein großes Plus für Speicher stelle zudem die gute Ausstattung dar.Kritik am Kreis

Robert Reuter (SPD) kritisierte mit Blick auf die nichtöffentliche Sitzung des Kreistags die seiner Meinung nach schlechte Informationspolitik und das intransparante Verfahren seitens des Kreises. Am 9. Mai berät der Kreistag die Schulproblematik ohne Öffentlichkeit, während der Beschluss am 16. Juni öffentlich gefasst werden soll. Meinung Aufschub im Überlebenskampf Während man sich in Kyllburg allenfalls mit einem Außenstellen-Dasein abfinden muss, gibt es in Speicher Grund zur Freude. Die Möglichkeit, von den Nachbarn in Trier-Land und Wittlich-Land zu profitieren sowie Zahlen, die im schulstrukturellen Überlebenskampf auf einige Jahre noch die Note ausreichend verheißen, können dem Standort im allgemeinen Zentralisierungs-Debakel Aufschub gewähren. Kein Wunder, dass der Rat zugriff, als der Bonner Schul-Planer die Chance auf eine "Integrierte Gesamtschule" (IGS) in den Raum stellte. Immerhin würde Speicher mit einer IGS deutlich aufgewertet, das Schulzentrum, in das kaum investiert werden müsste, noch bedeutender und der Ort (der drittgrößte im Eifelkreis) noch interessanter für Familien. Sauer stieß am Dienstag auf, dass viele Eltern mit den neuen Schulformen nichts anzufangen wissen. Hier liegt ein krasses Informations defizit vor, das in der Kürze der Zeit nicht mehr beseitigt werden kann, weil die Entscheidungen im Schweinsgalopp getroffen werden. Eltern und Kinder werden am Ende vor vollendete Tatsachen gestellt, das kann so nicht wirklich gewollt sein; Wahlkampf hin, Wahlkampf her. Warum der Kreistag die Schulentwicklungsplanung zunächst nichtöffentlich berät, bleibt schleierhaft. Wenn es im Juni zur Entscheidung kommt, sind ohnehin alle Messen gelesen. m.reuter@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort