Warum die Wärme wichtiger wird

Rund 60 Biogasanlagen gibt es in der Region schon. Weitere werden hinzukommen - doch die sehen vermutlich anders aus. Die erzeugte Wärme soll auch genutzt werden, um Häuser zu heizen.

 Derzeit sind in der Region Trier rund 60 Biogasanlagen entstanden oder sind – wie hier in Reinsfeld – im Bau. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Derzeit sind in der Region Trier rund 60 Biogasanlagen entstanden oder sind – wie hier in Reinsfeld – im Bau. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Bitburg. "Wir haben ein gespaltenes Herz", sagt Arno Billen. Wie viele Landwirte freut er sich, endlich mehr Geld fürs Getreide zu bekommen. Denn die Preise haben sich in nur zwei Jahren verdoppelt. Und wie viele Biogasanlagen-Betreiber bedauert Billen, dass nun auch der Mais teurer ist. Denn den braucht er, um ihn mit Gülle, Gras und Getreide im Fermenter seiner 300-Kilowatt-Biogasanlage vergären zu lassen. Aus dem Gas, das dort entsteht, gewinnt er - so das Grundprinzip von Biogasanlagen - in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme.Viele Landwirte müssen Mais dazu kaufen

 Arno Billen versorgt durch seine Biogasanlage neun Häuser und die hofeigene Brennerei mit Wärme. TV-Foto: Katharina Hemmermann

Arno Billen versorgt durch seine Biogasanlage neun Häuser und die hofeigene Brennerei mit Wärme. TV-Foto: Katharina Hemmermann

Billens Familienbetrieb baut den benötigten Mais auf 130 Hektar eigenem Land selbst an. "Aber wenn ich ihn zukaufen müsste…" Er rechnet. Bei geschätzten 200 Euro mehr pro Hektar wären das 26 000 Euro mehr im Jahr. Das werde dann immer unrentabler. Viele andere Energiewirte sind gezwungen, zuzukaufen, weil sie nicht genügend eigene Ackerflächen haben. Billens Biogasanlage hat anderen gegenüber einen großen Vorteil: Sie versorgt neun Wohnhäuser und die hofeigene Brennerei mit Wärme. Denn nur rund 40 Prozent der Energie, die eine Biogasanlage produziert, werden in Strom umgewandelt. Der Rest ist Wärme. Davon sind theoretisch 40 Prozent nutzbar, zum Beispiel um Häuser zu heizen. Auch wenn dies nur in der Heizperiode zum Tragen kommt, macht es bei Billens Anlage immerhin 15 bis 20 Prozent des Einkommens aus. "90 Prozent der Biogasanlagen nutzen die Wärme gar nicht", sagt Thorsten Mundenast, Referent für erneuerbare Energien beim Bauern- und Winzerverband. Die Experten sind sich einig, dass das weder wirtschaftlich noch sinnvoll ist. Auch das Bundesumweltministerium schlägt in seinem Erfahrungsbericht 2007 zum Erneuerbare-Energieen-Gesetz vor, die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung stärker zu fördern, die Grundvergütung hingegen zu kürzen.Die Anlagen der Zukunft werden daher höchstwahrscheinlich anders aussehen. Zum einen werden sie in der Lage sein, die gesamte nutzbare Energie gewinnbringend zu verwerten. Entweder, indem sie die Wärme nutzen, um damit Häuser oder Industriehallen zu heizen, Holzhackschnitzel zu trocknen oder Tomaten zu züchten. Oder, indem sie ihr Biogas direkt in Leitungen einspeisen. "Dann stellt man sich das Blockheizkraftwerk dort hin, wo die Energie gebraucht wird", sagt Alfred Lorenz vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bitburg. Denn bislang ist es ein Problem, dass es in der ländlichen Umgebung der Biogasanlagen oft nicht einmal Häuser gibt, die man beheizen könnte. Lorenz glaubt, dass viele Anlagen künftig entlang von Gasleitungen entstehen, dass der Trend zu größeren Gemeinschaftsanlagen geht und zu Investoren, die nicht aus der Landwirtschaft kommen. Was die Technik angehe, so gebe es noch viel Forschungsbedarf. Auf Neuerungen, die es ihm ermöglichen, sein Biogas noch besser zu nutzen, hofft auch Arno Billen."Noch ist keine Anlage in der Region in Konkurs gegangen", sagt Lorenz. Bislang habe man mit technischen Verbesserungen gegensteuern können. Doch der Trend sei negativ. BIOGAS RUND UM TRIER In der Region Trier sind seit 2001 rund 60 Biogasanlagen entstanden oder im Bau. Davon stehen nach Angaben der Landwirtschaftskammer allein 42 im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Sie produzieren so viel Strom, dass damit 48 Prozent der Haushalte des Kreises versorgt werden könnten. Ein Ende des Booms muss diese Fülle noch nicht bedeuten, denn selbst obwohl Gebiete südlich von Bitburg und rund um Neuerburg stellenweise "gesättigt" sind, gäbe es sogar in diesem Kreis noch genügend Platz für weitere Anlagen. Elf Anlagen gibt es im Kreis Bernkastel-Wittlich, drei im Vulkaneifelkreis und sechs im Kreis Trier-Saarburg. Landwirtschaftliche Anlagen dürfen eine Leistung von maximal 500 Kilowatt (KW) haben. Im Laufe der Zeit wurden die Anlagen immer größer. In den vergangenen Jahren lag die Durchschnittsgröße bei rund 250 KW, inzwischen bei 350 KW. Da die Anlagen im Schnitt 8000 Stunden im Jahr laufen und pro KW je Stunde rund 750 Gramm CO2 einsparen, ersparen die Biogasanlagen der Region diesem Planeten rund 125.000 Tonnen CO2 im Jahr.

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