Was soll hier rollen?

Das Einzige, was die Bahngleise zwischen Bitburg und Bitburg-Erdorf derzeit ins Rollen bringen, sind Denkprozesse. Während sich alle Fraktionen darüber einig sind, dass die Strecke vorerst erhalten bleiben sollte, könnten sich SPD und FBL nach Ablauf einer gewissen Frist dort auch einen Radweg vorstellen. Die CDU hingegen lehnt diese Idee strikt ab.

 Im Moment liegen sie und kosten bloß. Denn Züge sind schon lange keine mehr auf den Schienen zwischen Bitburg und Bitburg-Erdorf gerollt. Dennoch gibt es den politischen Willen, die Strecke zu erhalten. Foto: Heiner Gillen

Im Moment liegen sie und kosten bloß. Denn Züge sind schon lange keine mehr auf den Schienen zwischen Bitburg und Bitburg-Erdorf gerollt. Dennoch gibt es den politischen Willen, die Strecke zu erhalten. Foto: Heiner Gillen

Bitburg. Schon lange ist zwischen Bitburg und Bitburg-Erdorf kein Zug gefahren. Dennoch beschert die Verbindung der Stadt jährlich ein Minus von rund 20 000 Euro. "Man muss sich ernsthaft Gedanken machen, was mit der Strecke passieren soll", fordert Heiner Gillen, Vorsitzender der Bitburger SPD. Sie ungenutzt liegen zu lassen, sei keine Lösung. Sie verfalle zusehends: Die Entwässerungsanlagen seien defekt, das Schotterbett mit Erde durchsetzt und die Brücken in einem schlechten Zustand. Diesen Aussagen widerspricht Manfred Boor, bis vor kurzem Leiter der Stadtwerke, nicht. All diese Mängel seien jedoch nicht sicherheitsrelevant. Mit 50 Stundenkilometern könnten Züge dort weiterhin fahren. In den nächsten fünf bis zehn Jahren müsse nicht viel getan werden. Zunahme des Güterverkehrs auf der Schiene erwartet

Gillen ist der Meinung, dass, wenn sich innerhalb der kommenden fünf Jahre nichts ändert, ernsthaft über eine Nutzung als Radweg nachgedacht werden sollte - auch wenn der SPD eine Reaktivierung der Bahnstrecke lieber wäre. Ähnlich denkt auch Manfred Böttel (FBL). Ganz anders sieht dies Lothar Weis, CDU: "Wir haben schon viel zu viele Bahnstrecken zu Radwegen gemacht." Für die Zukunft werde eine Zunahme des Güterverkehrs via Schiene prognostiziert (siehe Extra). Auch im Hinblick auf den Bitburger Flughafen seien die Gleise eine Option für die Zukunft. "Es ist klug, abzuwarten", sagt Marie-Luise Niewodniczanska (FDP). Auch Johannes-Roß Klein (Grüne) hält nichts von einem voreiligen Verkauf, ebenso wenig wie Willi Notte (Liste Streit). Einen Radweg anzulegen, hält Notte für "Quatsch", da es schon einen gebe. Vielleicht schon eher eine Straße. Bei Ausstieg 400 000 Euro Rückzahlungen

Auch die Vorgeschichte scheint sich einem Radweg in den Weg zu stellen. Denn allein Kauf und Sanierung der Strecke haben mehr als eine Million Euro gekostet, davon hat die Stadt 225 000 Euro übernommen. Das RWE hat das Ganze mit 385 000 Euro bezuschusst und dafür die Garantie erhalten, 30 Jahre lang Transformatoren für das Umspannwerk in Nieder stedem über die Schiene nach Bitburg transportieren zu können. Aus diesem Vertrag auszusteigen, wäre laut Boor nicht unmöglich, aber teuer. Denn einen großen Teil dieses Geldes müsste die Stadt ebenso wie die nicht verbrauchte Vorsteuer zurückzahlen: insgesamt rund 400 000 Euro. Selbst der hohe Schrottwert der Strecke (nach Gillens Einschätzung rund 150 000 Euro) könnte dies nicht wettmachen. Einen Schlachtplan, wie die Gleise wieder ihrer Bestimmung zugeführt werden könnten, scheint allerdings niemand zu haben. Meinung Lasst sie nicht in Ruhe rosten LKW hinter LKW hinter LKW. Nicht nur, dass sie die Straßen verstopfen, kaputt fahren, laut sind und stinken. Angesichts des Klimawandels ist es schlichtweg Wahnsinn, was heute alles über die Straße transportiert wird. Da haben die Bitburger recht, an ihrer Bahnstrecke festzuhalten, auch wenn sie im Moment nicht genutzt wird. Noch besser wäre es allerdings, wenn sie sich darum bemühen würden, dass bald wieder Züge rollen. Neue Ideen entwickeln, alte Ideen erneut überprüfen. Wie wäre es, die Bahnreise Richtung Köln oder Trier in Bitburg-Stadt beginnen zu lassen? Welche Möglichkeiten gäbe es, die Lieferanten der Brauerei doch wieder auf die Schiene zu locken? Für wen könnte das dann noch interessant werden…? Die Schienen einfach in Ruhe rosten zu lassen, ist jedenfalls keine gute Lösung. k.hammermann@volksfreund.deExtra Die "Güterverkehrsprognose 2050" - eine vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebene Studie - ist zu dem Schluss gekommen, dass sich das gesamte Güterverkehrsaufkommen gegenüber heute bis zum Jahr 2050 etwa verdoppeln wird (von gut 3,7 Milliarden Tonnen auf dann fast 5,5 Milliarden Tonnen). Profitieren werde davon die Eisenbahn, die sowohl beim Aufkommen als auch der Leistung die höchsten Wachstumsraten zu verzeichnen habe, während der Gütertransport auf der Straße zurückgehe. (kah)

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