Wasser predigen - Wein trinken

HEMMERES. Der bevor stehende Irak-Krieg bewegt die Menschen bis ins kleinste Dorf hinein. Auch an den Bürgern in Winterspelt-Hemmeres geht die Bush-Politik an diesen Tagen nicht spurlos vorbei. Und die wissen, wovon sie reden. In ihr Dorf drangen die Amerikaner 1944 ein, es war übrigens der 11. September.

"Philipp, Philipp", ruft Winterspelts Ortsbürgermeister Hubert Tautges. Zusammen mit dem Reporter sucht er Philipp Hoffmann. Denn der weiß was zu erzählen. Als Pimpf von zehn Jahren wäre er fast dabei gewesen beim Einmarsch der Amerikaner in Deutschland, bei der Überquerung der Our, beim Abfeuern von Granaten und Gewehrsalven. Aber: Kurz vor der Invasion, es war der 11. September 1944, brachte sein Vater ihn und seine beiden Geschwister zu einer Tante in den Westerwald, wo sie vor den Angriffen der alliierten Befreier sicher sein sollten. Als er zurückkehrte, war der gröbste Spuk vorüber. Doch die Eindrücke, die der heute 68-Jährige gesammelt hat, als er in seinen Heimatort zurückkehrte, sind aus seinem Kopf nie heraus gegangen: Die Panzer hatten tiefe Furchen in bis dahin unberührter Eifel-Erde hinterlassen, Wege waren zerstört, eine neue Straße aus Holzbohlen angelegt. Irgendwie war alles anders in dem Dorf, das nach dem Krieg für ein paar Jahre zu Belgien gehörte und heute gerade mal 29 Einwohner in 15 Häusern zählt. Endlich kommt Philipp Hoff-mann. Sein Sohn hat ihn mit dem Traktor extra fürs Interview im Nachbarort geholt. "Ja, jetzt geht es wieder los", sagt Hoffmann, während wir die Our in Richtung Belgien überqueren und genau an die Stelle gehen, wo 1944 die ersten US-Soldaten gesichtet wurden. Klar, Saddam Hussein sei ein gefährlicher Mann, weiß Philipp Hoffmann. Trotzdem: Krieg im Irak? "Das kann man nicht gut finden", stellt er kategorisch fest. Und während wir weiter marschieren Richtung Eisenbahntunnel, in dem sich damals ein paar Bürger aus Hemmeres versteckt hielten und heute Fledermäuse im Zuge eines EU-Projekts sicher fühlen dürfen, erzählt Philipp Hoffmann weiter; von den ersten Amerikanern, die ganz nett gewesen seien, und von den anderen, - nun ja, die sich eher von der unhöflichen Seite gezeigt hätten. Krieg bedeute jedenfalls immer, dass viele Unschuldige darunter zu leiden hätten. Hoffmann: "Kein Krieg ist gut." Das weiß auch Peter Pint. Der im belgischen Grombach Geborene wohnt seit 1972 in Hemmeres. Er lässt kein gutes Haar an der Politik des amerikanischen Präsidenten George W. Busch, weil der einen Angriffskrieg führen wolle. Dazu gebe es keinen Grund. Damals, bei der Irak-Invasion in Kuwait - das sei schon etwas anderes gewesen. Vor vier Jahren übrigens habe er in Hemmeres einen Amerikaner getroffen, der von sich behauptete, seinerzeit der erste Soldat gewesen zu sein, der in den kleinen Grenzort einmarschiert sei, berichtet Pint und zeigt auf den Berg, über den die Amerikaner damals hinunter gekommen sind. Außerdem erzähle man sich heute noch, dass der Schriftsteller Ernest Hemingway als einer der US-Soldaten in einem Haus in Hemmeres ein Huhn gegessen habe. Da hört Ortsbürgermeister Hubert Tautges gerne zu - mit einem leichten Schmunzeln. Doch auch er hat hinsichtlich des so genannten Irak-Konflikts eine klare Meinung: "Ich halte von dem, was Bush da macht, überhaupt nichts." Wichtiger wäre es gewesen, sich schon vor Jahren um Frieden in Israel und Palästina zu kümmern. Jeder Mensch, der umgebracht werde, sei einer zu viel, schimpft Tautges, der bereits seit 1984 die Geschäfte der Gemeinde Winterspelt führt. "Die amerikanische Regierung predigt Wasser, und trinkt Wein", kritisiert der ehemalige Postbeamte die Bush-Administration. Mit mehr diplomatischem Verhandlungsgeschick im Hintergrund - fernab der Medien - wäre eine friedliche Lösung vielleicht möglich gewesen, glaubt der Ortsbürgermeister und stellt klar: "Wenn ich meine Politik an der Theke betreiben würde, dann würden die Leute mich aus dem Dorf jagen."

"Seit langer Zeit geplant"

Der Beginn des Krieges gegen den Irak ist wohl nur noch eine Sache von Stunden. In einer TV- Umfrage äußern Eifeler ihre Bedenken - und kaum Verständnis.
zum bevorstehenden Krieg im Irak

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