Welch ein Kuhhandel!

Bitburg · 39 000 Euro - ein stattlicher Preis für ein Kalb. Beim dritten German Masters Sale in Bitburg war ein Züchter bereit, ihn zu zahlen. Warum eigentlich?, fragt sich der Laie.

 Hier scharrt nicht nur eine mit den Hufen: Bei der Versteigerung in der Bitburger Auktionshalle wechseln rund 140 Tiere ihren Besitzer. TV-Foto: Christian Altmayer

Hier scharrt nicht nur eine mit den Hufen: Bei der Versteigerung in der Bitburger Auktionshalle wechseln rund 140 Tiere ihren Besitzer. TV-Foto: Christian Altmayer

Foto: (e_bit )

Bitburg. Hunderte Augen sind auf KNS Garden gerichtet. Wie sie so über die Bühne stolziert, ist sie sich der ganzen Aufmerksamkeit wohl gar nicht bewusst. Dabei ist das schwarzgefleckte Kalb der Star des Abends. Alle haben auf seinen Auftritt gewartet.
Das Kalb wackelt mit den Ohren und muht. Schritt für Schritt geht es dann vorwärts - langsam setzt einen Huf vor den nächsten. Wo es hingeht, bestimmt eine junge Frau - das Kalb am Zaumzeug packend, führt sie das Jungtier durch die Arena.
KNS Garden ist eines von 140 Tieren, die beim dritten German Masters Sale in der Bitburger Auktionshalle versteigert werden. Das ist ein kleiner Rekord - denn so viele Rinder kamen bei der Auktion noch nie unter den Hammer. "Die Leute haben gesagt, es sei Wahnsinn, hier so viele Kühe zu versteigern", sagt Organisator Nici Nosbisch vom Hof Nosbisch Holsteins in Niederweis bei der Eröffnung. Wahnsinnig hoch erscheinen übrigens auch die Preise, die die Landwirte und Züchter bereit sind, für die Tiere zu zahlen.
Kaum eine Kuh wird für weniger als 2000 Euro verkauft, die teuersten sogar für fünfstellige Summen. Was unterscheidet diese Paarhufer nun von denen, die auf den Eifeler Bauernhöfen grasen? "Sie haben hervorragendes Erbgut", sagt Nosbisch. Und können daher auch ebenso hervorragende Nachkommen zeugen. Die Kriterien: Milchproduktion, Stammbaum, Aussehen, und und und …
Da blicken nur Experten durch


"Sehen Sie sich das nur an, meine Damen und Herren", ruft Auktionator Andreas Aebli ins Mikro-fon. "Es ist die perfekte Kuh!" Die Rede ist natürlich wieder von KNS Garden. Beinahe sekündlich erhöht sich das Höchstgebot für das Kalb. "5000! Höre ich 5500?" Links in der Ecke hebt ein Mann die Hand "Hey", ruft der Ringman, der die Gebote annimmt. "Super! 5500", ruft Aebli. Die Anzeige neben der Bühne gibt sofort den neuen Wert an. "Hey!" 6000, von der Frau im gestreiften Pullover. "Hey!" 7000 von dem alten Herrn mit der Schirmmütze. "Hey!" 8000 vom Mann mit dem Cowboyhut. So geht das eine Weile weiter - und dann: "Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten", schallt die Stimme des Schweizer Auktionators durch die Halle. "Verkauft für 39 000 Euro!"
Mehr als 120 weitere Tiere werden danach noch versteigert - bis zum späten Abend. Doch keines wird einen so hohen Preis erzielen wie KNS Garden.
Dabei ist der nicht mal außergewöhnlich hoch - in den vergangenen beiden Jahren zahlten Landwirte beim German Masters Sale schon doppelt so viel Geld für ein Kalb.
Warum eine Kuh mehr wert sein soll als eine andere, bleibt dem Laien schleierhaft. Sehen sie doch alle ähnlich aus - die Sallys, Dorys, Heidis und Sweethearts, die heute über den Teppich aus rotem Sägemehl geführt werden: weiß, mit Flecken, großen Augen und einer pinken Schnauze - wie eine Kuh eben.
Genauso unverständlich: die Daten, die die Auktionatoren im Sekundentakt herunterrattern, sobald ein Rind die Bühne betritt: Hotshot, LBI-Wert, Rotfaktor, Doorman, Embryonenvertrag - da blickt nur noch der Experte durch.
Macht aber nichts - Fachmänner scheinen genug anwesend zu sein. Sie sitzen nur so da auf der Holztribüne und schweigen, begutachten die Euter, die Läufe und machen sich hin und wieder Notizen im Katalog.
Auch Kühe haben Stylisten


Und was geht hinter den Kulissen ab? Dort ist es ein bisschen wie im Theater. Ein Team von "Stylisten" kümmert sich um die Tiere, springt um sie herum - bürstet, striegelt, föhnt ihnen das Fell vor dem großen Auftritt.
Jetzt ist Zandorra an der Reihe, ein stattliches Tier. Gezogen von einem der Stallburschen trottet sie aus dem Nebenraum Richtung Bühne. Rockmusik kommt aus den Lautsprechern - wie bei einem Boxer auf dem Weg zum Ring. Die Scheinwerfer tauchen die Szene in rotes Licht.
Doch irgendwas stimmt nicht. Die Musik verstummt. Zandorra wirft ihren Kopf hin und her. Dann hebt sie den Schwanz und erleichert sich mitten auf dem roten Teppich.

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