Wenn einem alles über den Kopf wächst

"Ich hab' keinen Überblick mehr; ich bekomme immer nur Rechnungen": So oder ähnlich fangen die Gespräche bei der Schuldner-Beratung des Caritasverbands Westeifel in den Zweigstellen in Bitburg und Prüm an.

 Wenn die Schulden drücken, neigen viele Menschen aus Verzweiflung dazu, alles zu verdrängen. Aber es hilft nur, sich mit dem Problem zu beschäftigen. TV-Foto: Archiv/Willi Speicher

Wenn die Schulden drücken, neigen viele Menschen aus Verzweiflung dazu, alles zu verdrängen. Aber es hilft nur, sich mit dem Problem zu beschäftigen. TV-Foto: Archiv/Willi Speicher

Bitburg/Prüm. "Wir müssen die Leute motivieren, gegen ihre Armut anzugehen", sagt Michael Fasen, Fachbereichsleiter der Schuldner-Beratung. Manchmal würde es allein zwei bis drei Stunden dauern, bevor überhaupt ein grober Überblick über das Ausmaß der Not, ausstehende Rechnungen, laufende Verpflichtungen, abzuzahlende Kredite und Schulden vorliegt. Es wird ein Haushaltsplan aufgestellt mit Vermerken für Einspar-Potenzial. Fasen: "Etwa wenn jemand 250 Euro im Monat für Zigaretten ausgibt. Oder es günstigere Versicherungen gibt." Zudem werden die Ratsuchenden angeleitet, ein Haushaltsbuch zu führen, um einen Überblick über ihre Ausgaben zu bekommen. Weiterhin nimmt die Caritas Kontakt zu Gläubigern auf und versucht sich mit diesen außergerichtlich zu einigen - etwa auf ein Abstottern der Schulden in kleinen, verträglichen Raten. Zudem werden mögliche Hilfeleistungen wie Wohngeld oder Unterhalts-Vorschuss beantragt.Nachdem die Kreisverwaltung seit 2006 zusätzlich eine 75-prozentige Stelle finanziert, gibt's in der Schuldnerberatung nun 3,25 Vollzeitstellen, verteilt auf Bitburg (2,25) und Prüm (1). Fünf Mitarbeiter sind dafür im Einsatz - vier (Sozial-) Pädagogen und eine Juristin. Dort, wo in der Beratung auch andere Probleme wie etwa Sucht oder ungewollte Schwangerschaften zur Sprache kommen, vermitteln die Berater ihre Klienten auch entsprechend weiter. Fasen rät allen Betroffenen, nicht so lange zu warten, bis wirklich nichts mehr geht. Denn mit fortschreitender Zeit werden die Geld-Probleme meist größer als kleiner. Um Kinder aus armen Familien zu unterstützen, will der Caritasverband die erfolgreiche Weihnachtsbaum-Aktion von Karin Bujara-Becker (der TV berichtete) über das gesamte Jahr strecken und Sachspenden vermitteln - etwa Gutscheine für Schul-Utensilien, Schwimmkurse, Musikunterricht, Klassenfahrten oder ein monatliches Taschengeld.Kontakt für Helfer: Wer arme Kinder und ihre Familien mit Sachleistungen unterstützen möchte, melde sich bei Mathilde Geimer von der allgemeinen Familienhilfe der Caritas, Telefon 06561/96710 (Brodenheckstraße 1, Bitburg). EXTRA Wer sucht Hilfe: Neben der Schuldner-Beratung (siehe Bericht auf der vorherigen Seite) tauchen von Armut geplagte Menschen auch in anderen Beratungs-Angeboten der Caritas auf. So suchten 2007 knapp 300 Frauen die katholische Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen auf. 90 Prozent dieser Frauen gaben an, sich wegen finanzieller Engpässe mit Abtreibungs-Gedanken zu quälen. Die Caritas hilft mit ihrer eigenen Initiative, in dem sie via "Baby-Korb" Güter im Wert von rund 2500 Euro an die bedürftigen Frauen verteilte. Zudem wurde 2007 knapp 80 Frauen mit insgesamt rund 75 000 Euro aus einer Bundesstiftung geholfen, vier profitierten vom Landes-Programm "Familien in Not" (rund 9000 Euro), 13 Mütter wurden mit Geld aus einem Bischofs-Fond unterstützt (12 000 Euro). Die Familienhilfe nehmen Ratsuchende, die in großen existentiellen Notsituationen sind in Anspruch. Oft geht es um Miet- oder Stromschulden, finanzielle Unterstützung, um Heizöl kaufen zu können oder etwas Essen. So bekamen 2007 knapp 90 Ratsuchende einen Lebensmittelgutschein. Allein im November vergangenen Jahres half die Familienhilfe rund 40 Menschen. (scho)

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