"Wir müssen retten, was zu retten ist"

Schule der Zukunft in der Diskussion: Auf großes Interesse stieß das TV-Forum am Mittwoch in Waxweiler zum Thema "Entwicklung der Schulstruktur im Kreis Bitburg-Prüm". Auf dem Podium diskutierten Vertreter aus Politik, Verwaltung und Elternschaft über zukünftige Schulformen und mögliche Standorte.

Waxweiler. Wo soll ich mein Kind im nächsten Schuljahr anmelden? Wie wird der Unterricht in der "Realschule plus" aussehen? Wo werde ich noch eine weiterführende Schule finden? Fragen, die sicher viele der Zuhörer am Mittwoch in Waxweiler interessierten. Fragen, die zu diesem Zeitpunkt aber auch nicht alle beim TV-Forum im Bürgerhaus beantwortet werden konnten.Spindler: Schulreform auf dem richtigen Weg

Mit den TV-Redakteuren Marcus Hormes und Manfred Reuter diskutierten auf dem Podium Geschäftsbereichsleiterin Gisela Mayer-Schlöder (Kreisverwaltung Bitburg-Prüm), Margret Meier (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier), Bernd Schneider (Vorsitzender des Elternbeirats der Grund- und Hauptschule Waxweiler), Patrick Schnieder (Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arzfeld und CDU-Fraktionschef im Kreistag) und Bernd Spindler (Bürgermeister der VG Kyllburg und SPD-Fraktionschef im Kreistag). Zunächst ging es darum zu klären, welche Schulformen im Gesetzentwurf der Landesregierung stehen (siehe Extra). In einem zweiten Block wurde über mögliche Standorte weiterführender Schulen gesprochen. "Wir werden durch die Einführung der Realschule plus in der Fläche massiv Standorte verlieren, weil wir die Dreizügigkeit nicht erreichen können", befürchtet Patrick Schnieder. Statt einer Zentralisierung auf wenige große Standorte wären ihm überschaubare Systeme dezentral lieber. Bernd Spindler sieht dagegen die Schulreform auf dem richtigen Weg. Kinder sollten nicht mit zehn Jahren "aussortiert werden". In den 1960er Jahren habe der Bildungsrat schon die Chancengleichheit für alle Kinder angemahnt. Allerdings schränkte er ein: "Ob man die Pläne aus Mainz eins zu eins im Flächenkreis umsetzen kann, muss man abwarten."Dass eine Reform nötig ist, findet auch Elternvertreter Bernd Schneider. An der Misere der Hauptschulen seien jedoch nicht nur die Eltern schuld, die alle das Beste für ihr Kind wollen, sondern auch die Ausbildungsbetriebe, die Hauptschülern keine Chance mehr gäben. Ob die neue Schulform diese so individuell fördern könne, wie zuvor die Haupt- und Realschulen, will TV-Redakteur Marcus Hormes von Margret Meier von der ADD Trier wissen. "Das wird sicher eines der Probleme bei der Umsetzung sein", sagt sie und fordert die Fortbildung aller beteiligten Pädagogen. In welcher Form und vor allem an welchem Standort noch weiterführende Schulen erhalten bleiben, darüber macht sich zurzeit die Kreisverwaltung Bitburg-Prüm Gedanken, sagt Gisela Mayer-Schlöder. Mehr auf die Inhalte einzugehen, fordert Schnieder, schließlich ginge es um die Existenz des weiterführenden Schulangebots: "Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wie wir Bildung anbieten wollen." Bernd Spindler mahnt, "dass Schulstandorte auch Sinn machen müssen". Man müsse auch Mut haben zu Entscheidungen. Mut zum Beschluss brauchen die Kreistagsmitglieder im Juni. Bis dahin diskutieren sie über die Schulreform und erarbeiten ein Konzept. Die letzte Entscheidung trifft die Landesregierung. "Die Pflöcke sind schon eingeschlagen. Uns bleibt nur noch eine beschränkte Bandbreite", sagt Schnieder. In einer Fläche, die zwei Drittel des Saarlandes entspricht, dürfe es nicht darauf hinauslaufen nur noch drei Standorte (Prüm, Neuerburg, Bitburg) zu haben. Sein Appell: "Wir müssen retten, was zu retten ist."Sorgen macht dem Kreis auch die finanzielle Umsetzung der Reform. Gisela Mayer-Schlöder: "Wir wissen nicht, wie wir das bewältigen sollen. Der Kreis ist marode und die Verbandsgemeinden sind es auch." EXTRA Realschule plus: Rheinland-Pfalz schafft die Hauptschulen bis spätestens 2013 ab. Das künftige Angebot weiterführender Schulen umfasst neben dem Gymnasium und der Integrierten Gesamtschule (IGS) die neue "Realschule plus". Sie führt zum Abschluss der Berufsreife (früher Hauptschulabschluss) und zum qualifizierten Sekundarabschluss I (mittlere Reife). Bei entsprechenden Voraussetzungen kann die "Realschule plus" zudem nach der 12. Klasse die Fachhochschulreife anbieten. Neu ist, dass die Schüler in der Orientierungsstufe (5. und 6. Klasse) gemeinsam unterrichtet werden mit maximal 25 Kindern in einer Klasse. Bei der kooperativen Form gibt es ab Klasse 7 abschlussbezogene Klassen. Bei der integrativen Form werden die Schüler nur in bestimmten Fächern je nach Lernniveau getrennt unterrichtet. Die Krux im ländlichen Raum ist, dass die "Realschule plus" mindestens dreizügig sein muss, was viele kleine Standorte in der Fläche nicht erreichen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können Außenstellen von zentralen Standorten genehmigt werden. (sn)

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