"Wir werden hier vorgeführt"

Die gescheiterten Verhandlungen zur Verschmelzung der Verbandsgemeindewerke Neuerburg mit dem luxemburgischen Abwasserverband Siden belasten die Beziehungen zwischen Rathauschef Norbert Schneider (parteilos) und der CDU-Fraktion. Auch im Ländchen zeigt man Unverständnis.

 Da war noch alles klar: Ende Oktober vergangenen Jahres eröffnete Umwelt-Staatssekretärin Jacqueline Kraege die neue Neuerburger Kläranlage. Ihr zur Seite standen dabei in Eintracht (von links): Verbandsgemeinde-Bürgermeister Norbert Schneider, Werkleiter Hermann Hermes und der Leiter des luxemburgischen Abwasserverbands Siden, Ali Kaes. Foto: TV-Archiv: Manfred Reuter

Da war noch alles klar: Ende Oktober vergangenen Jahres eröffnete Umwelt-Staatssekretärin Jacqueline Kraege die neue Neuerburger Kläranlage. Ihr zur Seite standen dabei in Eintracht (von links): Verbandsgemeinde-Bürgermeister Norbert Schneider, Werkleiter Hermann Hermes und der Leiter des luxemburgischen Abwasserverbands Siden, Ali Kaes. Foto: TV-Archiv: Manfred Reuter

Neuerburg. "Die Zahlen stimmen nicht. Was Schneider sagt, ist falsch." Stefan Billen, CDU-Mandatsträger im Rat der Verbandsgemeinde (VG) Neuerburg und Mitglied im Werksausschuss, ist erbost. Mit Entrüstung habe er die Behauptung von Rathauschef Norbert Schneider zur Kenntnis genommen, der dem luxemburgischen Abwasserverband Siden die Schuld für das Scheitern der Fusion mit den Werken gegeben hat (der TV berichtete). Schneider hatte Siden "Intransparenz" bei den Verhandlungen vorgeworfen und eine zu geringe Kostenersparnis ins Feld geführt.

Profit durch hohe Zuschüsse



Die CDU sieht das anders: Denn laut Stefan Billen würden sowohl Neuerburg als auch Siden von hohen Zuschüssen profitieren. Selbst Umwelt-Staatssekretärin Jacqueline Kraege stehe hinter dem Vorhaben.

Nach TV-Informationen stehen für den Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung Zuschüsse seitens des Landes Rheinland-Pfalz und der Europäischen Union von mehr als 300 000 Euro im Raum. Deshalb zeigt auch CDU-Fraktionschef Matthias Lorig Unverständnis: "Das Land wünscht die Kooperation und will die Sache finanziell unterstützen."

Zudem erinnert er an die bereits bestehende Zusammenarbeit im Abwasserbereich, die von Roth über Gentingen bis Ammeldingen und Übereisenbach führe. Lorig befürchtet nun, dass die langjährigen, guten Beziehungen zu Luxemburg leiden könnten und erinnert daran, dass es bereits einen fertigen Vertrag sowie die Zustimmung des Werksausschusses gegeben habe. Diesen habe der VG-Rat dann auf Schneiders Initiative hin in letzter Sekunde gekippt.

Wie Fraktionschef Lorig betont, wäre die im Raum stehende Personalie unterdessen durchaus "lösbar" gewesen. "Zumindest darf daran eine solch gute Sache nicht scheitern", sagt er und macht auf die Kosten aufmerksam, die die Verhandlungen mit Siden bereits hervorgerufen hätten. Allein für Vertrag und Gutachten habe man rund 35 000 Euro bezahlen müssen. Lorig: "Das ist alles total unverständlich. Wir werden hier vorgeführt."

Auch auf Luxemburger Seite macht sich Enttäuschung breit. Siden-Präsident Ali Kaes hat unmittelbar nach Erscheinen des TV-Artikels Bürgermeister Schneider angeschrieben und eine kurzfristig einberufene Sitzung abgesagt. Die Siden-Funktionäre möchten die Sache nun bis nach den Kommunalwahlen am 7. Juni 2009 ruhen lassen.

Meinung

Schlammschlacht vermeiden

Die Nerven liegen blank, die Stimmung in Rat und Verwaltung ist alles anderes als vorweihnachtlich. Im Gegenteil. Schuld daran sind die gescheiterten Verhandlungen zwischen der Verbandsgemeinde Neuerburg und dem luxemburgischen Abwasserverband Siden. Zwar ist es keine neue Erkenntnis, dass das Verhältnis zwischen der CDU und Bürgermeister Schneider alles andere als von Harmonie und gegenseitiger Zuneigung geprägt ist. In Neuerburg hatte man sich damit aber bisher abgefunden und es immer wieder geschafft, irgendwie doch noch zu einer Lösung zu kommen. Im Falle all der Ungereimtheiten in der Abwasser-Diskussion hat die Debatte nun allerdings eine Schärfe erfahren, die den Wahlkampf in frühestem Stadium bereits zur Schlammschlacht verkommen lässt. Was auch immer dazu geführt haben mag, dass die Verhandlungen mit Siden ein derart jähes wie unerfreuliches Ende genommen hat: Spätestens jetzt ist es an der Zeit, alle Fakten auf den Tisch zu legen. Aufgrund der damit verbundenen Personalien wird dies zwar schwierig und vor allem äußerst unangenehm sein. Gleichwohl haben - da die Sache nun zu eskalieren droht - alle Gebührenzahler, hüben wie drüben, das Recht, die ganze Wahrheit zu erfahren. Dies geht am besten, wenn beide Verhandlungspartner bereit sind, über ihre Schatten zu springen. Zugegeben: die Latte liegt hoch. Aber auch und besonders im Sinne der bislang guten bilateralen Beziehungen ist es eine Frage des politischen Anstands und ehrlichen Willens, das Gespräch erneut zu suchen. m.reuter@volksfreund.de

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