Wo bleiben die Kinder?

PRÜM. Die Bevölkerungsstruktur steht vor einem einschneidenden Wandel. Welche elementaren Lösungsansätze sich anbieten, zeigt im TV -Interview der Trierer Regionalplaner Christian Muschwitz.

Wie kann sich eine Gemeinde mit Blick auf die demografische Entwicklung wappnen? Muschwitz: Zuerst muss die Entwicklung möglichst in alle Köpfe rein, die Menschen müssen verstehen, dass diese Entwicklung vor allem dann zu schlimmen Folgen führt, wenn nicht alle - und ich meine wirklich alle - anpacken und aktiv werden. Wer jetzt glaubt, das könnten oder müssten Politik und Verwaltung ganz allein lösen, der irrt. Nur wenn vom Kind bis zum Opa alle Bürger mithelfen, dann wird die Entwicklung für die Gemeinde gut zu meistern sein. Wo liegen konkrete Lösungsansätze? Muschwitz: In einer klugen Gemeinde- und Gemeinwesen-Entwicklung, die alles tut, familien- und kinderfreundlich zu sein. Das heißt: Wenn es geht, sollte man die Anzahl der Kinder in der Gemeinde steigen lassen, statt defensiv ihren Rückgang zu verwalten. Andererseits muss man sich auf die Alterung der Gesellschaft einstellen, also ein Klima für den Wert der Erfahrungen der Senioren schaffen, ihre Ideen und Bereitschaften nutzen. So könnten die Rentner aktiv eingebunden werden, man könnte ihnen Aufgaben anbieten, die für das Gemeinwesen unverzichtbar und wertvoll sein werden, zum Beispiel in der Kinder- und Altenbetreuung, bei der Beratung und Unterstützung von jungen Familien, beim Betrieb des öffentlichen Verkehrs in der Fläche und bei Kultur- und Sporteinrichtungen. Müssen wir damit rechnen, dass in 40 oder 50 Jahren ganze Dörfer leer stehen? Muschwitz: Ja, das kann passieren. Schon heute finden sich in der Großregion Orte, in denen die Menschen über 65 in der Mehrzahl sind, solche Orte könnten einmal zu leeren Orten werden. Was würde der schlimmste Fall für eine VG wie Prüm bedeuten? Muschwitz: Dass die VG zu einem Ort ohne Gegenwart und Zukunft wird, in dem es extrem aufwändig, teuer, unattraktiv und mühsam ist zu leben, in dem das Gemeinwesen nicht mehr existiert. Was wäre der ideale Fall? Muschwitz: Ideal wäre sicher, wenn es gelänge, die Geburtenrate zu steigern und das Gemeinwesen wieder stärker zu aktivieren, ein neues Miteinander von Jung und Alt zu finden, eine echte Solidargemeinschaft also. Ich glaube, dass so etwas eher im ländlichen Raum gelingen kann als in Städten. Ich glaube sogar, dass das den Menschen Spaß machen kann, denn auf den Dörfern kennen sich die Menschen von jeher gut und sind eher bereit, sich aufeinander einzulassen. Anderseits sind Erfolge hier viel schneller sichtbar, weil alles überschaubar ist und damit gibt es viel eher positive Motivation. In der Vergangenheit hat sich ja auch gezeigt, dass beispielsweise Dorfgemeinschaftshäuser zum Teil durch Bürger erbaut wurden. Solche Anstrengungen müssen jetzt verstetigt werden, allerdings sind nun keine Dorfgemeinschaftshäuser mehr zu bauen, sondern Schulen und Kindergärten zu renovieren, ihr Erhalt zu sichern sowie Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen für junge Familien mit Kindern und für Alleinerziehende. [ Mit Christian Muschwitz sprach unser Redakteur Manfred Reuter.

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