Zeigt her eure Waren: Hinter den Kulissen des Bitburger Krammarkt - 30 Jahre lange Tradition

Bitburg · Wenn andere morgens um 5 Uhr noch schlafen, bauen Händler aus der ganzen Region ihre Stände auf dem Bedaplatz auf. Und das bei Wind und Wetter. Einmal im Monat bieten sie freitags ihre Waren auf dem Krammarkt in Bitburg an. Der TV hat Marktmeister Wilfried Kampe bei seiner Arbeit begleitet und einigen Ständebetreibern Gesellschaft geleistet.

Freitag, 5.30 Uhr in Bitburg. Dicker Nebel hängt über der Stadt. Auf der Straße funkeln Eiskristalle. Selbst mit drei Paar Socken, einer Thermounterhose und zwei Pullovern unter dem Daunenmantel ist es kalt. Die Gehwege sind noch menschenleer. Nur der Bedaplatz scheint Treffpunkt für Frühaufsteher zu sein. Dort schlagen Händler nach und nach ihre Tische auf. Schrauben, hämmern. Tok, tok. Fünf Handgriffe brauchen sie, zack, schon sind die ersten Tische aufgestellt. Neben den Arbeiten bleibt Zeit für einen kurzen Plausch mit dem Platznachbarn.

Unter ihnen steht Marktmeister Wilfried Kampe. Seine grauen Haare sind unter einer schwarz-gelben Kappe versteckt, seine Augen zu Schlitzen zusammengekniffen. Wie ein Falke überwacht er den Platz. Der eisige Wind peitscht ihm ins Gesicht und lässt seine Wangen erröten.

Vor drei Jahren hat der Rentner die Aufsicht über den Markt übernommen. Um 4.30 Uhr klingelt sein Wecker. Die Uhrzeit macht ihm nichts aus, denn schließlich ist der Krammarkt nur einmal im Monat. Gegen 5.30 Uhr hievt er das sperrige Aggregat die Treppen zu den Damentoiletten am Bedaplatz hinunter und schließt den Strom an. Danach weist er den ersten Verkäufern ihre Plätze zu und kümmert sich um die Autos, die um kurz vor sechs noch dort stehen. "Du meine Güte! Und dabei hängen überall Hinweise", ärgert sich Kampe.

Doch mit einem Anruf ist das Problem schnell gelöst. Der Abschleppwagen kommt, die Störenfriede sind weg. "Niemand kann der Stadt nachsagen, dass sie Autofahrer nicht rechtzeitig informiert", schnaubt Kampe und weist eine Frau an ihren Platz. "Stellen Sie Ihr Auto am besten ein wenig nach hinten. Dann haben Sie mehr Raum für Ihren Stand."
Wer ihn dabei beobachtet, erkennt schnell: Die Aufgabe macht im Spaß. "Ich wollte in meinem Ruhestand noch eine Funktion haben", sagt er und stellt seinen Jackenkragen hoch. "Bloß nicht stillstehen", haucht er in die Kälte. Sein Blick schweift in die Ferne. Er wirkt nachdenklich. Kampe weiß, dass viele Händler an frostigen Tagen wie heute gerne absagen. Zu kalt, zu unrentabel. Ein Markt unter freiem Himmel ist zwar etwas Feines, aber auch vom Wetter abhängig. Und ein Stand kann nicht von Besuchern leben, die nur Atmosphäre schnuppern wollen. Mit Sorge betrachtet er die Lücken.

Für heute haben sich nur 15 Aussteller angekündigt. Kein einziger stammt aus Bitburg. "Wenn alle Aussteller kommen, sind es um die 70", erklärt er. Doch Kampe klagt nicht, sondern packt mit an. So hilft er der Stoffverkäuferin Sigrid Morgen, ihr Zelt aufzubauen. Eine der Metallstangen will nicht einrasten. "Puh! Et will einfach nicht", entfährt es der 55-Jährigen aus Trier. Mit ihren großen blauen Augen schaut sie ihre Tochter bedröppelt an. Aufgeben kommt aber nicht infrage. "Ohne das Zelt wissen meine Kunden nicht, wo ich stehe", erklärt sie und hastet von einer Stange zur anderen. Einen festen Platz hat Morgen bislang nicht. Deshalb muss das Zelt unbedingt aufgestellt werden.
Hau ruck! Hau ruck! Endlich ist es geschafft. Ihr Aushängeschild steht.

Die beiden Frauen schauen sich zufrieden an. Mittlerweile ist es 7.30 Uhr. Jetzt gilt es, die Tische schnell aufzubauen und die Waren auszulegen. Stulpen, Kopfbedeckungen, Ketten und Taschen mit Eulen fertigt sie an. Aus Filz. Eine zeitintensive Beschäftigung, die sie seit vier Jahren begeistert ausübt. Seit ungefähr eineinhalb Jahren verkauft sie ihre Waren auf dem Krammarkt. In ihren Augen hat dieser nämlich Flair. Nicht nur tolle Waren würden hier angeboten, auch die Menschen seien unglaublich nett. In ihren freien Minuten streift sie gerne über den Markt, schaut sich die verschiedenen Stände an, stöbert.
Doch zuerst muss sich Sigrid Morgen um ihren Stand kümmern. "Schauen wir mal, ob wir bei dem Wetter heute einige Stulpen und Stirnbänder verkauft bekommen", sagt sie und klatscht optimistisch in die Hände. Ihre Wangen sind rosig von der ganzen Aufregung. "Ach herrje, wir haben gar nicht an den Heizstrahler gedacht", ruft sie aus. Ohne die Hektik und Bewegung spürt sie nun die Kälte, die sich langsam einen Weg durch die Ritze ihrer dicken Winterkleidung bahnt. Wer steht, friert - das weiß sie. Das sei eben Berufsrisiko. Um kurz nach 8 Uhr liegt alles fertig zum Verkauf. Und die erste Kundin naht bereits.

Umgeben von einem Hauch von Thymian und Rosmarin stellt sie sich an den Stand und beginnt eine angeregte Diskussion über Filz. Sehr zur Freude von Sigrid Morgen. Beiläufig erwähnt die wohlduftende Frau, dass sie gerade von Diethard Fuchs\' Stand komme. Dort habe sie sich mit verschiedenen Gewürzen, wie Muskat, eingedeckt.
Der 60-Jährige aus Klausen bietet seit fünf Jahren seine Waren auf dem Krammarkt an. Darunter Exoten wie Chakalaka oder Ras el Hanout - afrikanische Gewürzmischungen, die es in sich haben. Feurig-scharf brennen sie auf der Zunge. Wie er auf die Idee kam, solche Waren anzubieten? Spontan. "Meine Frau und ich haben überlegt, was sich gut vermarkten lässt", erzählt er.
Und da Kochsendungen in aller Munde sind, lagen Gewürze nah. "Wenn Alfons Schuhbeck Curcuma für eines seiner Gerichte verwendet, wollen alle auf einmal dieses Gewürz", grinst der 60-Jährige und zeigt auf das Körbchen mit dem gelben Pulver. Daneben liegen rotes Curry, Himalaya-Salz, Kumin, Chili, Ingwer und Anis - Gewürze in den verschiedensten Farben.

Wilfried Kampe kann mit solch exotischem Zeug nichts anfangen. Er dreht mittlerweile eine große Runde und kündigt bei allen Händlern an, dass er später nochmal vorbeischaut, um das Standgeld einzusammeln. Es ist kurz vor 10 Uhr. "Ich gehe jetzt heim, esse etwas, wärme mich auf und komme um kurz vor 16 Uhr nochmal wieder", sagt er.
Das können die 15 Händler nicht. Sie müssen sich der Kälte stellen, in ihr verharren. Das macht ihnen jedoch nichts aus, denn ihr Herz hängt an ihrem Beruf. Und dazu gehört nun einmal auch das Warten auf die Kundschaft - und die kommt bei besserem Wetter in Scharen.Extra

Seit einem Ratsbeschluss im Jahr 1987 findet der Bitburger Krammarkt einmal im Monat freitags auf dem Bedaplatz statt. "Krammarkt" ist eine Bezeichnung für Handelsmärkte, die durch das historische Umherziehen von Händlern entstanden sind. Die Märkte gehen auf das Mittelalter zurück und dienten Kaufleuten als agile Handelsplätze, auf denen sie Gebrauchsgüter anbieten konnten, die das lokale Handwerk nicht herstellte.

Das Wirtschaftsleben des Mittelalters und der frühen Neuzeit spielte sich weniger in Geschäftshäusern ab. Wer etwas kaufen oder verkaufen wollte, ging auf die umliegenden Märkte. So auch in Bitburg. Erste Aufzeichnungen eines Markttags gehen in das Jahr 1789 zurück. Er wurde regelmäßig am 29. Mai in der Stadt veranstaltet. mmp

Der nächste Krammarkt ist am Freitag, 13. März. Zeit: 8 bis 16 Uhr.

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