Zeit für gemütliche Plaudereien

AFFLER. (sn) Drei Generationen unter einem Dach: Was in der Stadt kaum vorstellbar ist, ist in Affler nichts Besonderes. "Das war schon immer so und es klappt auch gut", sagt Irmgard Steins (47 Jahre) über das Zusammenleben auf dem Bauernhof.

Irmgard Steins lebt nicht nur in Affler, sie wurde auch dort geboren. "Vor 47 Jahren fuhr man nicht ins Krankenhaus zum Entbinden, da kam die Hebamme ins Haus", erinnert sich ihre Mutter Mathilde Diederich. Auch sie ist eine gebürtige Afflerin. Und, wen wunderts, einer der zwei Söhne von Irmgard Steins richtet sich zur Zeit das alte Elternhaus wieder her. Auch er möchte in Affler bleiben. Affler - das ist ein kleines Dorf mit 36 Einwohnern nahe der luxemburgischen Grenze. Bei Steins leben drei Generationen unter einem Dach. Das klappe wirklich gut, versichert Irmgard Steins. "Wenn man Landwirtschaft hat, geht das gar nicht anders", sagt sie. Steins sind Nebenerwerbslandwirte. Früher haben sie noch gemolken, jetzt grast eine Ammenviehherde hinter ihrem Haus auf der Weide. Wenn nur 36 Menschen in einem Dorf leben, gestaltet sich das Dorfleben zwangsläufig sehr übersichtlich. Wer in Affler den Bürgermeister sprechen möchte, ist bei Herbert Steins, Ehemann von Irmgard Steins, an der richtigen Adresse. Gleichzeitig steht er der sechsköpfigen freiwilligen Feuerwehr vor. Außerdem ist er Mitglied im Pfarrgemeinderat. Traditionell wird in Affler bei der Kirmes der Maibaum versteigert. Von dem Geld wird dann ein Dorffest bezahlt. Andere Bräuche, wie Klappern oder Burgbrennen "starben aus", weil die Dorfjugend irgendwann den Kinderschuhen entwachsen war. Lange Zeit sah es so aus, als vergreise Affler, weil sich keine neuen Familien ansiedelten. Zwölf Einwohner Afflers sind über 70 Jahre alt. Um so mehr freuten sich die Dorfeinwohner über den Zuzug einer Familie, die jetzt auch zwei Kinder hat. "Vergangenes Jahr kam die Mutter mit den Kindern an Karneval auch zu uns singen, das fand ich schön", sagt Irmgard Steins. Überhaupt schätzt sie die gute Dorfgemeinschaft, dass sie mit den Nachbarinnen ein Schwätzchen halten kann, wenn ihr danach ist, und vor allem die Ruhe. "Hier fährt abends kein Auto mehr." Wenn sie mit dem Auto zum Stadtbummel fährt, ist sie immer wieder froh, wenn sie nach Hause kommt. Etwas reiselustiger ist da ihre Mutter, die früher mit ihrem Mann zusammen mit dem Erwachsenenbildungswerk auf Tour ging. Die Ansichtskarten von ihren Ausflügen hat sie alle aufbewahrt, genauso wie Familienanzeigen oder interessante Artikel, die sie in Ordnern archiviert. Auch den Zweiten Weltkrieg erlebte Mathilde Diederich (79 Jahre) in Affler. "Wir flohen für acht Tage in den Harz", erzählt sie. Später haben sich die Einwohner drei Wochen lang in einem Munitionsstollen nahe Affler versteckt. Damals haben alle Überlebenden das Gelübde abgelegt, jedes Jahr am 11. September eine Prozession zum Stollen zu machen. Noch heute erinnert eine Mutter Gottes vor dem Stollen an die dramatische Zeit. Bis vor kurzem ging auch jedes Jahr eine Prozession dorthin. Leben auch Sie in einem Dorf mit weniger als 100 Einwohnern? Warum leben Sie gerne dort? Worauf müssen Sie verzichten, und was macht das Leben bei Ihnen im Dorf trotzdem oder gerade deshalb lebenswert. Senden Sie uns Ihren Text, Stichwort: Heimat, per E-Mail an eifel@volksfreund.de, oder per Fax an 06561/959539 oder per Post an den Trierischen Volksfreund, Redaktion Bitburg, Hauptstraße 39 a, 54634 Bitburg.

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