Zeuge ist in Marokko

BITBURG/TRIER. Der Prozess vor dem Trierer Landgericht gegen drei Bitburger, die wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung angeklagt sind, geht in die Verlängerung. Weil ein wichtiger Zeuge momentan in Marokko ist, wird die Verhandlung erst Anfang Oktober fortgesetzt. Nach bisherigem Stand scheint es für die Angeklagten immer enger zu werden.

Die Familie aus der Echternacher Straße zeigte im Trierer Landgericht an allen Verhandlungstagen bisher große Geschlossenheit. Die drei Angeklagten wurden stets von einem Tross Angehöriger begleitet. Für die gebürtigen Eifeler steht viel auf dem Spiel, denn immerhin drohen ihnen hohe Haftstrafen. Das Familienoberhaupt ist der Hauptangeklagte, und zwei seiner Söhne sitzen wegen versuchter schwerer Körperverletzung auf der Anklagebank (der TV berichtete). Ihnen wird vorgeworfen, am 26. Juni 2004 einen jungen Türken mit einem Messerstich lebensgefährlich verletzt zu haben. Zum Vorfall kursieren zwei Varianten: Die Gruppe der Türken behauptet, sie habe in friedlicher Absicht einen Streit, der sich zwei Tage zuvor ereignete, im Gespräch klären wollen. Die Bitburger hingegen behaupten, von den Türken ohne Vorwarnung auf eigenem Gelände angegriffen worden zu sein. In großen Teilen stimmen die Zeugenaussagen fünf weiterer Familienangehöriger überein. Dabei fehlen aber weiterhin die Erklärungen, wie es zu dem Messerstich kam, und wo die Tatwaffe nun ist. Die Frage von Staatsanwalt Peter Fritzen, ob in der Familie nach dem Vorfall über die lebensgefährliche Verletzung gesprochen worden sei, wurde stets verneint. Unbeteiligte Zeugin liefert neue Informationen

Ein wenig Licht in die Sache brachte die Aussage einer unbeteiligten Zeugin. Die damalige Besitzerin des Restaurants, vor dessen Tür der Streit letztendlich eskalierte, hatte exakt zum Tatzeitpunkt auf der Terrasse eine Zigarettenpause gemacht. Ihren Beobachtungen zufolge waren die Türken offensichtlich unbewaffnet, und alle deutschen Männer aus einer etwa zwölfköpfigen Gruppe der Bitburger Familie, bis auf den jüngsten, hielten Messer oder Stöcke in den Händen. Ein Mann dieser Familie - wahrscheinlich der Bruder des Hauptangeklagten - habe zu einem weiteren unbeteiligten Zeugen, einem Amerikaner mit marokkanischer Abstammung, gesagt: "Wenn du willst, kannst du auch so eine Operation haben." Das Gericht möchte zur weiteren Klärung des Sachverhalts nicht auf die Aussage dieses Zeugen verzichten. Da er momentan in Marokko ist, wird der Prozess erst Anfang Oktober fortgesetzt. Die Aussagen der vier Polizisten und zwei Kripobeamten verdeutlichten zunächst das Bild des heillosen Durcheinanders an mutmaßlichen Tätern und Opfern. Das Gericht behielt im Fragenkatalog dabei vor allem die Suche nach der Tatwaffe im Auge. Ein 50-jähriger Beamte der Bitburger Polizei sagt: "Wir haben danach gesucht, im Umfeld und in der Wohnung des Bruders des Opfers, aber nicht im Wohnhaus der Angeklagten." Eckhard Otto, seit 20 Jahren beim Morddezernat, sagt: "So was Kunterbuntes an Aussagen auf beiden Seiten habe ich bisher noch nie erlebt. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen waren äußerst schwierig." Unverständnis löste nämlich zunächst aus, dass die Hausdurchsuchung bei den Angeklagten erst zehn Wochen später, am 9. September, gemacht wurde. Kriminalhauptkommissar Otto erklärt: "Aus ermittlungstaktischen Gründen haben wir Zeit verstreichen lassen, und die Zufallsfunde geben uns recht." Die Ermittler fanden bei dem 48-jährigen Scherenschleifer und den Schrotthändlern 105 000 Euro Bargeld, versteckt an mehreren Stellen, sowie ein Waffenarsenal. Otto: "Das war eine ungewöhnliche Menge an Hieb- und Stichwaffen sowie Schlagwerkzeugen." Eine Tochter des Hauptangeklagten habe einen scharfen Trommelrevolver samt Munition während der Durchsuchung in einer Stofftasche aus dem Haus schmuggeln wollen.

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