Zu viele stehen draußen

Immer weniger Jugendliche schaffen nach ihrer Schullaufbahn den Sprung in die Berufsausbildung. Davon betroffen sind vor allem Menschen mit Behinderung, denen jetzt mit Ausbildungsbausteinen geholfen werden soll. Im Rahmen einer Tagung wurde darüber gestern im Europäischen Berufsbildungswerk (Euro-BBW) referiert.

 Als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke kennt Wilhelm Eichhorn (stehend) die Probleme, mit denen Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert werden. TV-Foto: Uwe Hentschel

Als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke kennt Wilhelm Eichhorn (stehend) die Probleme, mit denen Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert werden. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg. "Es geht um junge Menschen, die an der Grenze zur Ausbildung stehen", sagt Wilhelm Eichhorn, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BAG), der das Problem dieser Grenze in einem Satz erklärt: "Es bleiben furchtbar viele draußen." So gebe es derzeit 1,5 Millionen Menschen unter 30 Jahren, die keine Berufsausbildung hätten. Und dazu zählten vor allem jene mit Behinderung, sagt Eichhorn, der von Berlin nach Bitburg ins Europäische Berufsbildungswerk (Euro-BBW) gekommen ist, um dort an einer Fachtagung teilzunehmen. "Modularisierung im Rahmen der dualen Ausbildung für junge Menschen mit Behinderung" ist das Motto des Tages und die etwas abstrakte Bezeichnung einer Lösungsmöglichkeit für das Problem. Es geht darum, die Ausbildung in einzelne Bausteine einzuteilen, um so behinderten Jugendlichen den Einstieg in die Berufswelt zu erleichtern.

Modularisierung nennt sich das, und für jedes Modul soll es ein Zertifikat geben. Das könnte dann so aussehen, dass eine dreijährige Berufsausbildung in sechs halbjährige für sich abgeschlossene Module eingeteilt wird. Bei einer Schreinerausbildung wäre dann eines dieser Module beispielsweise der Bereich Fensterbau, für den es dann im Anschluss eine Bescheinigung geben würde. Benachteiligte Menschen könnten so im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzelne Module absolvieren und mit jedem dieser Bausteine ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Darüber hinaus soll damit auch der Kreis der Ausbildungsbetriebe erhöht werden. Denn schließlich wären diese Betriebe dann nur für abgegrenzte Teile der Ausbildung verantwortlich. Und das könnten dann jene Module sein, auf die sich auch der Ausbildungsbetrieb spezialisiert hat. Wie zum Beispiel der Schreinerbetrieb, dessen Schwerpunkt im Fensterbau liegt.

Es gibt unterschiedliche Ansätze, doch das Ziel, das Vertreter aus Bildung, Wissenschaft, Gewerkschaften, Arbeitgeberbund und Politik im Auge haben und über das im Euro-BBW referiert wird, ist im Grunde für alle Beteiligten das gleiche: Es geht um Chancen für diejenigen, die sonst kaum eine Chance haben. Von einem "Schwarz-Weiß-Schema" spricht Eckart Severing, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Berufliche Bildung in Nürnberg, und kritisiert damit den in Deutschland "normalen" Weg der dualen Ausbildung (Ausbildungsbetrieb und Berufsschule): "Wer es schafft, der schafft es eben, und der Rest bleibt übrig."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort