Zustimmung zur Zumutung

BITBURG-PRÜM. Der Kreistag Bitburg-Prüm hat am Freitag mit den Stimmen von CDU und FDP den Haushalt 2005 verabschiedet. Besondere Merkmale: Das Defizit hat sich um etwas mehr als eine Millionen Euro auf nun 9,1 Millionen Euro erhöht, außerdem steigt die Kreisumlage von bisher 33 auf 35,9 Punkte an.

Rote Zahlen haben weiter Hochkonjunktur, die Bitburg-Prümer Mandatsträger und Verwaltungsleute müssen auch im kommenden Jahr mit einem fetten Minus leben. 9,1 Millionen Euro beträgt das Defizit im Kreishaushalt dieses Mal, nachdem man es vor einem Jahr noch mit "nur" acht Millionen Euro zu tun hatte. Während der Verwaltungsetat mit 77,3 Millionen Einnahmen abschließt, stehen Ausgaben von 86,4 Millionen Euro gegenüber. Der Vermögenshaushalt ist mit zehn Millionen Euro vorschriftsmäßig ausgeglichen. Die CDU-Fraktion setzte sich derweil mit ihrem Antrag, die Kreisumlage um 2,9 Prozentpunkte auf 35,9 zu erhöhen, durch. Dieses Begehren fand die komplette Mehrheit von Union und FDP, während SPD, FWG und Grüne dagegen stimmten. Landrat Roger Graef (CDU) enthielt sich der Stimme. Der hatte zuvor für eine Umlagenerhöhung von drei Prozent geworben, um unter anderem nicht Gefahr zu laufen, auf Bedarfszuweisungen verzichten zu müssen. Der Antrag der FWG, die Kreisumlage lediglich um einen Prozentpunkt zu steigern, wurde abgelehnt. Die CDU-Variante wird nun zur Folge haben, dass sich der Kindergartenbeitrag für das erste Kind lediglich auf 90 Euro erhöht. Bei einer Umlagensteigerung um drei Prozent hätte der Satz bei 96 Euro pro Monat gelegen. Landrat Roger Graef hatte im Verlauf seiner Etatrede ein düsteres Bild der allgemeinen Finanzsituation in Deutschland gemalt. Allein in Rheinland-Pfalz hätten sich die Fehlbeträge auf nahezu 500 Millionen Euro aufgetürmt. "Wir stecken mitten in der totalen Finsternis", klagte der Kreischef. Der Schritt, dem Kreistag eine Hebesatzerhöhung vorzuschlagen, sei ihm nicht leicht gefallen, schließlich wisse er nur zu genau, dass es sich dabei letztlich nur um eine Umverteilung der Mittel handele. Graef: "Wir schichten unsere Schulden auf die Gemeinden um." Die aus der Umlagenerhöhung resultierenden Einsparungen bedeuteten demnach nicht nur Belastungen für die Gemeinden, sagte Graef. Sie gehe auch zu Lasten von Familien mit Kindern. "Aus der Not heraus belasten wir die Teile der Gesellschaft, ohne die unsere Gemeinwesen zusammenbrechen würde und die dringend auf eine Entlastung angewiesen wären", räumte der Landrat ein. Nicht nur in finanzieller Hinsicht, auch wegen der damit einhergehenden Perspektivlosigkeit sei dieser Haushalt eine Zumutung, sagte CDU-Fraktionschef Patrick Schnieder. "Es kann irgendetwas nicht mehr stimmen in diesem Land, wenn alle Haushalte vor die Wand gefahren sind", erkannte Schnieder, der auf den von der Union gesetzten "kinderfreundlichen Akzent" hinwies. Gleichzeitig hob Schnieder hervor, dass es sich bei dem CDU-Antrag nicht um einen Affront gegenüber dem Landrat, der ja schließlich die "reine Lehre" vertrete, handele. "Die CDU hat sich nur herausgenommen zu gestalten, wo es noch geht." SPD-Fraktionschef Bernd Spindler sprach von einer "Erhöhungs-Orgie" und Perspektiven, die deprimierend seien. So lohne es sich erst gar nicht, über einzelne Haushaltsansätze zu diskutieren. Seine Fraktion betrachte mit großer Sorge die Entwicklung des Müll-Projekts Herhof. Zudem beklagte er Unwägbarkeiten bei der Umsetzung von Hartz IV. Spindler machte sich für eine nachhaltige Gemeindefinanzreform stark und kritisierte das Verbleiben des Kreises in den Zweckverbänden sowie die Umsetzung des Projekts Kreisarchiv. Spindler: "Wer sich all dies immer noch leisten kann und will, der muss die Finger von der Erhöhung der Kreisumlage lassen." Für die FWG nahm Marzellus Boos den Ball von Patrick Schnieder auf, indem er darauf hinwies, dass man den Begriff Reine Lehre in diesem Fall mit zwei e statt einem h zu schreiben habe. Nach den Maßstäben des Zivilrechts stünde man bereits mit einem Bein im Gefängnis, schließlich trügen die öffentlichen Haushalte inzwischen die Merkmale der Konkursverschleppung. Auch Boos machte Bund und Land für die desolate Finanzausstattung verantwortlich. "Wir löffeln die Suppe aus, die uns andere eingebrockt haben." Marie-Luise Niewodniczanska (FDP) zeigte sich erfreut darüber, dass die Heimkosten zurückgeführt worden seien. Gleichzeitig beklagte sie die hohen Leistungen für die Sozialausgaben. Sie schlug vor, sich vom kreiseigenen Wald zu trennen und einen Teil der RWE-Aktion zu verkaufen. "Immer auf die Kleinen" laute das Motto des Haushalts 2005, schimpfte Rosi Biwer (Grüne). Zwar sei die CDU dieses Mal nicht "so extrem" wie die Verwaltung. Allzu kinderfreundlich sei die Union dennoch nicht. Sie votierte dafür, die Kindergartenbeiträge auf dem alten Stand zu belassen.

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