Zwei Autos, zwei Männer, eine Straße

Zwei Fahrer testen die Unfallstrecke B 51 zwischen Trier und Bitburg. Einer hält sich an Geschwindigkeitsbeschränkungen und überholt nicht. Der andere fährt im fließenden Verkehr und überholt dort, wo es erlaubt und nicht gefährlich ist.

Trier/Bitburg. Die beiden Testfahrer brechen zur gleichen Uhrzeit auf und erleben die gleiche Verkehrssituation. Am Ende trennen sie drei Minuten. Zwei Erfahrungsberichte.

Flott



Fahrer: Christian Kremer

Um 9.35 Uhr startet die grüne Ampel auf der Ostseite der Kaiser-Wilhelm-Brücke das Experiment. Mit knapp 50 Kilometern pro Stunde (km/h) folge ich einem LKW in die Serpentinen in Richtung Bitburg. Überholen ist nicht drin. Das ist aber gar nicht nötig: Wenn die Kurvenlage es zulässt, beschleunigt der LKW auf über 60 km/h.

Oben angekommen: Sobald die zweite Spur es ermöglicht, treten die PKW-Fahrer aufs Gaspedal und ziehen an dem LKW vorbei. Der Verkehr fließt mit mehr als 80 km/h, obwohl nur 70 erlaubt sind.

Die Baustelle bei Hohensonne: Hier ist unter anderem eine Tempo-30-Zone eingerichtet. Die Autofahrer passieren sie mit etwa 50 km/h - bei einer Kontrolle könnten sie ihren Führerschein gerade noch behalten. Hinter der Baustelle sind 50 km/h erlaubt: Der LKW vor mir jedoch fährt etwa 70 und zieht eine zu schnelle Schlange hinter sich her.

19 Kilometer übrig: Vor der Überholspur sind drei LKW vor mir, einer biegt ab, zwei kann ich mit 105 km/h überholen.

9.47 Uhr: In der Tempo-50-Zone bei Windmühle halten sich die Fahrer an die Geschwindigkeitsbeschränkung. Auf der Überholspur hinter der Abzweigung nach Ralingen komme ich mit 110 km/h an einem weiteren LKW vorbei.

9.50 Uhr: Fünf LKW verstopfen die Strecke. Die Tachonadel bleibt bei 60 stehen. Statt mich den latenten Aggressionen hinzugeben, genieße ich das Wetter und die Landschaft. Der vorausfahrende Saarländer zieht ohne Extra-Überholspur an dem LKW vorbei. Auch im Rückspiegel ist ein solches Manöver zu beobachten. Bei Meilbrück biegt ein LKW ab, der aggressive Fahrer ist wieder vor mir. Die letzte Überholspur vor der Abfahrt zum Flugplatz Bitburg ermöglicht es mir, vier Fahrzeuge, darunter zwei LKW, mit 102 km/h zu überholen.

9.55 Uhr: Hinter der Abfahrt zum Flugplatz schließe ich mich mit 90 km/h dem fließenden Verkehr an. In der Tempo-70-Zone bleibe ich hinter einem LKW, der bremsen muss, weil zwei PKW ihn zu knapp überholt haben. Mit etwa 80 km/h passiere ich die Abfahrt Saarstraße.

9.57 Uhr: Ab auf die Neuerburger Straße.

10.01 Uhr: Das Auto steht nach 26 Minuten und 30 Sekunden im Görenweg.

Gemächlich



Fahrer: Jens Romeike

9.35 Uhr: Hinter dem anderen Testfahrer fahre ich bei grün los.

9.39 Uhr: Die Serpentinen bestreite ich mit exakt 50 Stundenkilometern. Anfangs fährt der andere Testfahrer noch genau vor mir, doch sobald der LKW vor uns (unerlaubt) beschleunigt, bleibe ich bei fünfzig, während der andere Testfahrer im fließenden Verkehr mitfährt. Vor mir liegt bald ein gutes Stück freie Straße. Hinter mir stauen sich bereits erste Autos. In den Kurven fährt niemand zu dicht auf. Erst als ich auch auf der Geraden in Richtung 70er-Schild weiter die vorgeschriebenen 50 km/h fahre, spüre ich Unruhe hinter mir. Der ungeduldige Audi und seine Freunde überholen mich, kaum dass die Überholspur beginnt. Ich mache mir Gedanken darüber, wie viel teuren Treibstoff diese Fahrer gerade dafür verbraucht haben, am Berg von 50 auf 90 zu beschleunigen.

9.44 Uhr: Als ich bei der Baustelle nahe Neuhaus beim entsprechenden Schild auf 30 km/h runterbremse und im dritten Gang einfach rollen lasse, entscheidet sich der erste Autofahrer hinter mir, probeweise sehr dicht aufzufahren. Ich ignoriere es. Beim Fünfzigerschild mache ich Hoffnung, indem ich beschleunige. Doch es bleibt bei 50. Umso größer die Erleichterung, als ich nach Hohensonne auf 100 Stundenkilometer beschleunige. Schneller darf man auch nicht fahren, denn die B 51 ist ja keine Autobahn.

9.49 Uhr: Vor mir taucht ein LKW auf, der mich bei der Baustelle abgehängt hatte. Ich lasse auf etwa 80 Stundenkilometer ausrollen und bleibe mit 50 Metern Abstand hinter dem LKW, auch als die Überholspur beginnt. Es ist eine entspannte Fahrt, und solange ich nicht zu dicht auffahre, stört das große Fahrzeug vor mir überhaupt nicht.

10.04 Uhr: Nach exakt 29 Minuten und 35 Sekunden komme ich am ausgemachten Ziel an. Der andere Testfahrer wartet auf mich - seit dreieinhalb Minuten.

Erhöhte Lebensgefahr, mehr Stress und mehr Treibstoffverbrauch gegen dreieinhalb Minuten Zeitersparnis? Kein fairer Tausch? Die Entscheidung liegt bei den Fahrern.

Meinung

Angepasst fahren, bitte!

Natürlich macht das langsame Fahren hinter LKW oder Wohnwagengespannen latent aggressiv und auf keinen Fall Spaß. Aber deshalb Fahrzeuge an Stellen zu überholen, die dazu nicht vorgesehen sind, bringt rein gar nichts. Und zwei bis drei Minuten später anzukommen, ist nicht schlimm. Sicheres Reisen geht hier vor. Es ist zu kurz gegriffen, die Unfälle auf der B 51 nur auf die Überlastung der Strecke zu schieben. Alle haben die Pflicht, ihre Fahrweise an die Verhältnisse anzupassen. Und die sind hier nun mal, wie sie sind, und nicht anders. Denjenigen, die denken, man dürfe auf den Überholspuren die 200-PS-Maschinen auf 140 oder mehr Stundenkilometer beschleunigen, ist nur eines zu sagen: Wacht auf, denkt auch an das Leben der anderen und an euren Geldbeutel. Denn die Spritpreise sollten so etwas eigentlich ausschließen. c.kremer@volksfreund.de

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