Zwei Länder, drei Bühnen, viele Schicksale

BRANDSCHEID. Tolle Resonanz für den Theaterverein "Schwarzer Mann": Die Premiere des multimedialen Theaterstücks "Verlorene Jugend" kam beim Publikum gut an. Technische Probleme dämpften die Euphorie im ausverkauften Saal nicht.

"Das Theaterstück ist sehr realitätsnah. Man meint, alles würde gerade erst stattfinden", beschreibt Sonja Hermes ihre Eindrücke. Die 32-Jährige lässt sich vom Geschehen auf der Bühne mitreißen. Ebenso wie ihre elfjährige Tochter Kerstin. Die Schülerin meint: "Ich konnte mir die Zeit von früher nie so richtig vorstellen. Das Stück hilft mir dabei, sie besser zu verstehen." Erich Probst aus Bleialf pflichtet ihr bei: "Das hier sollten sich Schulklassen ansehen. Das ist Geschichtsunterricht live." Das multimediale Theaterstück befasst sich hauptsächlich mit der Nachkriegszeit um 1951, als der Schmuggel in der deutsch-belgischen Grenzregion blühte. Regisseur und Drehbuchautor Manfred Klein gelingen mit der Darstellung auf drei Ebenen (Erzähl- und Livebühne sowie Film) sowohl Rückblenden in den Krieg als auch Sequenzen der Gegenwart, in denen immer noch Vermisste gefunden und Gefallene geborgen werden. "Diese Form des Theaters ist sehr spannend, und man kann der Geschichte sehr gut folgen", meinen Maria und Josef Thomas aus Knaufspesch. Unmittelbar vor ihnen sitzt im ausverkauften Saal ein Zeitzeuge. Der 82-jährige Nikolaus Meyer aus Herresbach. In der Pause schwelgt er in Erinnerungen: "Ich kenne noch heute die Namen der miesen Zöllner von damals. Sie schossen einfach in die Luft, und als die Schmuggler dann alles fallen ließen, rissen sie sich den Kaffee und die Zigaretten unter den Nagel." Meyer arbeitete in der Nachkriegszeit tagsüber im Wald und ging nachts auf Schmuggeltour. "Schmuggeln war doch kein Verbrechen. Wir mussten die Waren doch bezahlen", erklärt er. Das Publikum verfolgt die Aufführung gebannt. Gelacht wird, als der Schmuggler Peter Lenz (gespielt von Peter Drespa) und die Bauerstochter Johanna Sohns (Manuela Sohns) versuchen, im Stall ein Ferkel zu fangen, um es anschließend mit Schnaps als Tauschobjekt für den Transport ruhig zustellen. Das Theaterstück spricht alle Gefühle an. Auf Humor folgt Ergriffenheit. Denn kaum ist Johanna nach der Ferkeljagd wieder in der Stube, kommt ihr vermisster Bruder Heinrich (Lambert Lehnartz) überraschend nach Hause. "Das war eine echte Gänsehaut-Szene", sagt Zuschauerin Friederike Kumor. Das Spiel mit den Gefühlen geht weiter. Heimkehrer Heinrich erfährt von der auswegslosen Lage seiner beiden Schwestern und dem Tod seiner Eltern. Während die älteren Geschwister ernst über die aktuelle Lage sprechen, bringt die Jüngste der Familie, Katharina (Christine Scheuern), Unbefangenheit ins Spiel. Neugierig fragt sie: "Hast du in der Gefangenschaft eigentlich schon das neue Lied von Conny Froboess gehört?" Doch Heinrich interessiert viel mehr, wie es sein kann, dass der korrupte Zöllner Franz Heilmann (Robert Fuchs) seiner Familie das Leben so schwer macht. Er lässt dafür keine Gelegenheit aus, rammt sogar Mistgabeln in Heuhaufen im Stall der Sohns - immer auf der Jagd nach Schmuggler Peter Lenz."Etliche Tränen weggedrückt"

"Als er mit der Mistgabel zugestochen hat, bin ich richtig zusammen gezuckt und habe laut gestöhnt", sagt Zuschauerin Marita Meyer. Sie habe etliche Tränen während der Aufführung wegdrücken müssen. Die Premiere begann wegen technischer Problemen mit 15 Minuten Verspätung. Aus dem gleichen Grund musste auch die Pause verlängert werden. Doch die Ton- und Filmtechniker bekamen alles wieder in den Griff. Regisseur Manfred Klein verspricht: "Das wird bei den kommenden Aufführungen nicht mehr passieren, da wir jetzt den kompletten Film auf DVD brennen werden." Vor der Premiere hatte er das nicht mehr geschafft, da er bis zur letzten Minute an den Details geschliffen hatte. An jedem Samstag und Sonntag im März wird das Theaterstück "Verlorene Jugend" um 20 Uhr im Saal Kausen in Brandscheid aufgeführt. Kartenvorbestellungen unter Telefon 0171/7773880 oder im Internet unter der Adresse www.schwarzermann.net

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort